Mi, 29.07.2009Experten: Schweinegrippe kein Grund für Verzicht aufs Abendmahl - Kirchen raten zur Gelassenheit

Hannover (epd). Experten aus Kirche und Gesundheitswesen haben dazu aufgerufen, nicht wegen der Schweinegrippe auf das Abendmahl im Gottesdienst zu verzichten. «Wenn die Oblate oder das Brot lediglich in den Wein eingetunkt werden, ist die Ansteckungsgefahr unbedeutend», sagte der Präsident des niedersächsischen Landesgesundheitsamtes, Matthias Pulz, am Dienstag dem epd. Er empfehle zwar, nicht aus dem Kelch zu trinken, doch sei ein Verzicht auf das Abendmahl seiner Ansicht nach «nicht angemessen». Die Gefahr, durch bloßes Anniesen angesteckt zu werden, sei viel höher.

   Derzeit seien in Niedersachsen rund 900 Fälle registriert. Die meisten Erkrankten hätten sich im Spanien-Urlaub infiziert. Nur weniger als ein Achtel aller Patienten hätten sich in Niedersachsen angesteckt.

   Auch der Präsident des Kirchenamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Hermann Barth, riet zur Ruhe. «Wir nehmen das beklommene Gefühl von Gottesdienstbesuchern zur Kenntnis, die sich vor einer Ansteckung fürchten», sagte der Theologe. Er empfehle den Pastorinnen und Pastoren in den Gemeinden, schon bei der Einladung zum Abendmahl darauf hinzuweisen, dass eine «intinctio», also das Eintauchen der Oblate in den Wein oder Traubensaft, möglich sei.

   Das Kirchenamt verfolge aufmerksam die Informationen aus der Politik und dem Gesundheitswesen zu der Epidemie, betonte Barth.
Sollte die Zahl der Erkrankten besorgniserregend steigen, werde es eine schriftliche Empfehlung an die 22 evangelischen Landeskirchen in Deutschland geben. Dies sei jedoch nach dem derzeitigen Stand nicht nötig.

   Auch die Landeskirchen in Niedersachsen und Bremen nehmen nach den Worten ihrer Vertreter die Ansteckungsgefahr und die Sorgen der Menschen sehr ernst. Die Evangelisch-lutherische Landeskirche in Braunschweig sehe aber derzeit keinen Grund für allgemeine Anordnungen, sagte Kirchensprecher Michael Strauß. Zudem könnten die Kirchengemeinden eigene Regelungen treffen, wenn in ihrem Bereich besonders viele Fälle der ansteckenden Schweinegrippe bekanntwerden.

   Der hannoversche Oberlandeskirchenrat Hans Christian Brandy riet ebenfalls zur Gelassenheit. Die Gefahr der Übertragung durch Speichel sei eher gering, sagte er nach Rückfrage beim Robert-Koch-Institut in Berlin. Solange nicht die staatlichen Gesundheitsbehörden es für nötig erklärten, bestehe kein Anlass, öffentliche Veranstaltungen wie Gottesdienste zu meiden, abzusagen oder auch auf Abendmahlsfeiern zu verzichten. Gleichwohl sollten unnötige Risiken vermieden werden.

   Hygienemaßnahmen gebe es beim Abendmahl ohnehin, sagte der hannoversche Pastor Bernd Prigge: «Wir haben ein Alkoholtuch, mit dem wir den Kelch immer abwischen, so dass keiner an der Stelle trinkt, an der vorher ein anderer getrunken hat.»

   Spätestens seit die Immunschwächekrankheit Aids bekanntgeworden sei, machten sich die Gemeinden Gedanken über die Hygiene beim Abendmahl, sagte die Oldenburger Oberkirchenrätin Annette-Christine Lenk. Einen Einzelkelch für jeden Abendmahlsbesucher lehne sie aus theologischen Gründen jedoch ab.


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