Mi, 31.07.2013Vorschulexpertin: Unterschiedliche Qualitätsstandards belasten Krippenarbeit

epd-Gespräch: Dieter Sell

Bremen (epd). Trotz des Rechtsanspruches auf einen Krippenplatz gibt es nach Einschätzung der Bremer Vorschulexpertin Ilse Wehrmann in der Betreuung unter dreijähriger Kinder ein massives Qualitätsproblem. Vielerorts bestimmten der Geldbeutel der Eltern, die Finanzkraft einer Kommune und das Familienbild eines Bürgermeisters die Qualität der Krippenarbeit, kritisierte Wehrmann am Mittwoch in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). «Wir brauchen eine Qualitätskontrolle», forderte die ehemalige Vorsitzende der Bundesvereinigung Evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder.

«Kinder profitieren ein Leben lang von einer hohen Betreuungsqualität, die in der Krippe noch weitergehende Auswirkungen hat als später in den Kindertagesstätten», betonte die Erzieherin und promovierte Sozialpädagogin. Es gehe gar nicht darum, Wissen zu vermitteln. Aber: «Sprechen, laufen, bewegen, soziale Kompetenzen wie Frustrationstoleranz, der Umgang mit Konflikten - das geht alles im Alter unter drei Jahren los.» Deshalb sei es wichtig, eine bundeseinheitliche Grundstruktur für die Einrichtungen zu schaffen.

Dabei gehe es auch um Gruppenstärken und Personalschlüssel. «International üblich sind drei Kinder auf eine Erzieherin.» Niedersachsen schreibe dagegen eine Erzieherin und eine Helferin auf 15 Kinder im Alter von acht Wochen bis dreieinhalb Jahren vor. «Das ist nur noch Aufbewahrung. Da fehlt die Zeit, um den Kindern soziale und emotionale Erfahrungen zu vermitteln.» Erhebliche Schwierigkeiten stehe den Kommunen überdies aufgrund der Wahlfreiheit zwischen Kita und Tagespflege ins Haus. (Az: 19 L 877/13)

Wehrmann warb dafür, Krippen und Kitas bundeseinheitlich über einen Bildungsfonds zu finanzieren, der von Bund, Ländern, Kommunen und Wirtschaft gemeinsam gespeist wird. Wenn nicht genügend Geld für die Bildungsarbeit in Krippen und Kitas investiert werde, könnten bei den Kindern irreparable Schäden entstehen, warnte sie. «Deshalb bin ich dafür, früh zu investieren, um nicht spät zu reparieren.» An dieser Stelle sei die Bundesregierung gefordert. «Das können wir nicht den Kommunen überlassen.»

Eine zentrale Finanzierung würde nach Wehrmanns Überzeugung einen «Qualitätsschub» auslösen, der dann regelmäßig von trägerunabhängigen Instituten überprüft werden müsste. «Wir gucken jetzt nicht hin, wie mit den Kindern umgegangen wird und welche Rahmenbedingungen die Träger für ihre Mitarbeiter schaffen.» Oft seien die Erzieher auch gar nicht auf die besonderen Anforderungen in den Krippen vorbereitet. «Da fehlen entwicklungspsychologische Grundlagen.»



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