Mo, 22.10.2012Vorschul-Expertin warnt vor Qualitätssenkung beim Kita-Ausbau

Bremen/Berlin (epd). Die Bremer Frühpädagogik-Expertin Ilse Wehrmann hat im Zuge des Streits um den Kita-Ausbau verbindliche Qualitätsstandards gefordert. Es mache ihr Sorge, dass zunehmend Wortmeldungen für eine Absenkung der Qualitätsrichtlinien zu hören seien, sagte Wehrmann am Montag in Berlin. Länder und Kommunen hätten genug Zeit gehabt. «Ich will nicht 40 Jahre um Standards gekämpft haben, um sie jetzt zu senken», ergänzte sie.

Die Vorschulexpertin stellte gemeinsam mit der saarländischen Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) und dem Juraprofessor Johannes Münder ein Strategiepapier zum Kita-Ausbau vor. Darin fordern sie, Unklarheiten bei der Finanzierung von Kita-Plätzen zu beseitigen und Bauvorhaben zu beschleunigen.

Münder erklärte, derzeit überwiege als Finanzierungsgrundlage die Orientierung an der Einrichtung. Eine Finanzierung, die dem Kind folgt, eine sogenannte Subjektfinanzierung, sei aber sinnvoller. Sie würde beispielsweise Eltern gerecht, die ihr Kind in eine Einrichtung außerhalb des Wohnortes geben wollen, die Kommune das aber verweigert, weil sie vor Ort Krippe oder Kindergarten vorhält.

Wehrmann beklagt vor allem bürokratische Hürden beim Kita-Ausbau. Oftmals würden Jugend- und Liegenschaftsamt nicht zusammenarbeiten. Die Errichtung einer Kita scheitere dann an der Bürokratie. «Der Kita-Ausbau ist nicht nur eine Sache des Geldes», sagte Wehrmann: «Es nimmt einfach keiner in die Hand.» Sie forderte beschleunigte Genehmigungsverfahren. Auch Kramp-Karrenbauer appellierte an Länder und Kommunen, den Kita-Ausbau schnell voranzutreiben. Bei der Festschreibung des Rechtsanspruchs sei niemand gezwungen worden, sagte sie. Die Erfüllung liege in erster Linie in der Verantwortung der Länder und Kommunen.

Münder und Wehrmann sprachen sich für einen Staatsvertrag für die Kinderbetreuung nach dem Vorbild des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aus. Über ein Modellprojekt verhandelt Wehrmann derzeit nach eigenen Angaben mit den Ländern Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Hessen. Die Industrie- und Handelskammern in der Rhein-Neckar-Region hätten den Bedarf erkannt, erklärte Wehrmann. Im Vordergrund stehen dabei Fälle, in denen das Kind eine Kita in einem anderen als dem Wohnort-Bundesland besuchen soll.

Ab August 2013 haben Eltern einen Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz. Nach Berechnungen des Bundesfamilienministeriums fehlen bundesweit noch 160.000 Kita-Plätze, um dem geschätzten Bedarf gerecht zu werden. Nach einer am Wochenende bekannt gewordenen Studie des Deutschen Jugendinstituts in München liegt vor allem in westdeutschen Bundesländern das Angebot noch stark hinter den Betreuungswünschen der Eltern zurück.


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