Fr, 25.07.2014Unternehmensberater: Evangelische Kirche braucht «primus inter pares»

Mainz/Hannover (epd). Der Unternehmensberater Henning von Vieregge rät der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zu einem hauptamtlichen Ratsvorsitzenden mit Sitz in Berlin. Dadurch wäre es der leitenden Persönlichkeit möglich, «an gesellschaftlichen Diskursen medial und persönlich in vollem Umfang teilzunehmen», sagte er am Freitag in Mainz dem Evangelischen Pressedienst (epd). Auch das EKD-Kirchenamt solle sich statt in Hannover in der Hauptstadt ansiedeln, so die Empfehlung Vieregges, der bis 2009 Hauptgeschäftführer des Gesamtverbandes Kommunikationsagenturen (GWA) war.

epd: Herr von Vieregge, was würde sich durch einen hauptamtlichen EKD-Ratsvorsitzenden verbessern?

Vieregge: Klarer als bisher wäre dann nach innen und außen: Das ist unser «primus inter pares», Spitzenmann oder Spitzenfrau. Der Vorschlag, den Ratsvorsitzenden zu einem Erzbischof zu machen, wäre nur konsequent und würde die Bereitschaft der Entscheider unterstreichen, Raum zu geben. Um an gesellschaftlichen Diskursen medial und persönlich in vollem Umfang teilzunehmen, braucht es eine nicht in allen Fragen ausrechenbare Persönlichkeit mit Zeit und Tiefgang.

Für Diskurse ist Berlin mittlerweile in Deutschland konkurrenzlos.
Der vormalige EKD-Ratsvorsitzende und Berliner Bischof Wolfgang Huber war in seiner Doppelfunktion eine Idealbesetzung, aber auch eine wohl unwiederholbare Ausnahme. Ohne Reiseaufwand lassen sich in Berlin Termine wahrnehmen, die in völlig andere Sphären führen und somit Kirche auch in der Spitze anschlussfähig halten.

Medien und Institutionen denken hierarchisch. Da braucht man eine klare Nummer eins, die ausgeruht, präsent und anregend ist. Die Furcht vor größerer Fallhöhe im Skandalfall sollte die evangelische Führung nicht davon abhalten, jetzt auch in ihrer absoluten Spitze in Deutschland, nicht nur beim Militärbischof, einen kühnen Schritt vorwärts zu gehen: hauptamtlich, Berlin als Dienstort, neuer differenzierender Titel.

epd: Sollte auch das EKD-Kirchenamt, das seinen Sitz bisher in Hannover hat, in die Hauptstadt wechseln?

Vieregge: Ein «Erzbischof der evangelischen Kirche», ich mache mir mal diesen Vorschlag zu eigen, braucht zur vollen Wirksamkeit seinen Apparat und umgekehrt. Folglich, das zeigt das Beispiel nahezu aller Verbände und Interessengruppen, zöge die eine Entscheidung die andere nach sich. Nur der Bund leistet sich eine aufwändige Doppelbürokratie in Berlin und Bonn, kein nachahmenswertes Beispiel.

epd: Würden Sie dieses Modell - hauptamtlicher Vorsitzender und Standort in Berlin - auch der katholischen Kirche empfehlen?

Vieregge: Da bin ich mir nicht so sicher. Mein Eindruck ist, dass es der katholischen Kirche besser gelingt als der evangelischen, mit ihrem Spitzenpersonal präsent zu sein. Warum? Erstens ist die Hierarchie klarer, die Titel sind eindeutig. Zweitens zieren sich die Spitzenleute der katholischen Kirche nicht, oben zu sein, und drittens besetzen sie verschiedene Rollen. Und viertens haben sie den Papst. Da ist der Mangel an positiver öffentlicher Aufmerksamkeit nicht so groß wie beim evangelischen Gegenüber.

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