Do, 06.03.2014Traumjob im Wandel - Theologiestudierende diskutieren ihre Zukunft

Der Pfarrberuf ist im Wandel. Die Zahl der Pastorinnen und Pastoren sinkt. Wer heute Theologie studiert, hat gute Aussichten auf einen Job - und später womöglich viel zu tun.

Uelzen/Hannover (epd). Ihre Berufsaussichten sind rosig, die Herausforderungen groß. In der hannoverschen Landeskirche beginnen pro Jahr etwa 35 angehende Pastorinnen und Pastoren nach dem Theologiestudium ihr Vikariat und damit den praktischen Teil ihrer Ausbildung. Gleichzeitig gehen rund 60 ältere Kollegen in den Ruhestand. Für die größte evangelische Landeskirche in Deutschland werden Nachwuchskräfte zu einem wichtigen Kapital. Das bewegt auch die Theologiestudentinnen und -studenten. Mehr als 20 von ihnen haben darüber in Uelzen mit Kirchenvertretern diskutiert.

«Es ist wichtig, dass wir Studis gefragt werden, weil wir ja direkt betroffen sind», sagt Kristina Hagen. Die 25-Jährige gehört wie ihre Berliner Kommilitoninnen Geeske Brinkmann und Sarah Kingreen zu den Organisatoren der Tagung «Pimp my church». In einem «Manifest» benennen die drei Frauen Vorstellungen, wie die Kirche gepimpt, also aufgemöbelt, werden kann: «Wir wünschen uns eine Kirche, die Debatten nicht scheut, sondern in der nachgedacht, diskutiert und gelacht wird», schreiben sie: «Redet über Sexualität, Prostitution, Pädophilie und NSA - seid bei den Fragen der Menschen!»

Derzeit sind rund 260 Studentinnen und Studenten aus der Landeskirche an Universitäten eingeschrieben. Die Landeskirche rechnet damit, dass sich die Zahl ihrer rund 1.800 Pastorinnen und Pastoren bis 2030 halbieren wird. Über das Berufsbild müsse deshalb neu nachgedacht werden, sagt Landesbischof Ralf Meister. Auf dem Land sei die kirchliche Verwurzelung noch hoch. «Wenn alle anderen die Dörfer schon verlassen haben, Sparkasse, Edeka und die Gastronomie, so ist die Kirche immer noch vor Ort.» In Städten dagegen sei die Kirche oft schon in einer Minderheitensituation und müsse neu und mit Mut zum Experiment auf die Menschen zugehen.

Zwischen Idealen von einem Beruf mit großen Gestaltungsmöglichkeiten und einem skeptischen Blick auf mögliche Zwänge sehen die jungen Frauen und Männer ihrer Zukunft entgegen. «Wir wünschen uns dafür ein gutes Arbeitsklima, in dem wir gesund arbeiten und leben können, was wir glauben», schreiben Hagen, Kingreen und Brinkmann in ihrem Manifest und fügen an: «Akzeptiert Crazyness!» Zugleich wissen sie, dass ein Leben im Pfarrhaus auch ein Leben im Blick der Öffentlichkeit sein kann.

Als Pastorentochter habe sie sich zunächst nicht vorstellen können, ebenfalls diesen Beruf zu ergreifen, sagt Sarah Kingreen. «Ich habe erst Musik studiert. Ich brauchte eine andere Perspektive.» Auch Kristina Hagen wuchs im Pfarrhaus auf. «Das hat Vorteile», sagt sie. Doch eine Trennung zwischen Arbeit und Freizeit, Job und Familie sei oft schwer. «Gläsernes Pfarrhaus», «Privatleben?» und «Vorbildfunktion?» haben auch andere Studenten in großen Lettern als ihr Thema bei der Tagung notiert.

«Ich lebe in keiner Partnerschaft», sagt Kristina Hagen, die in der Großstadt Berlin kurz vor dem Studienabschluss steht. «Die Vorstellung, auf dem platten Land mit fünf Predigtstellen zu sitzen, bereitet mir Bauchschmerzen.» Zugleich wisse sie von anderen, dass eine Dorfgemeinde für sie genau das Richtige sei. In der ländlich geprägten hannoverschen Kirche sei eine erste Stelle auf dem Land die Regel, macht Oberlandeskirchenrätin Nicola Wendebourg den Studierenden deutlich. «90 Prozent von Ihnen werden zum Vikariat aufs Land kommen.»

Auf das «Paradies der Selbstbestimmung» im Studium folgten dann Erwartungen, die einen festen Stand erforderten, sagt die Leiterin der Personalabteilung im Landeskirchenamt. Sie macht zugleich Mut zu einem Beruf, der im Alltag immer wieder große Fragen bewegt: «Menschen kommen zu uns, wenn sie ein Kind bekommen, die ganz große Liebe gefunden haben oder in Trauer sind. Und sie trauen uns zu, etwas dazu zu sagen.»

Sie sei überzeugt: «Besser kann man es nicht treffen», sagt Wendebourg. Mit der Möglichkeit, sich in Studiensemestern oder Studienurlauben weiterzubilden oder Zeit für die Familie zu haben, versuche die Landeskirche, die Attraktivität des Berufes weiter zu steigern. Die Studenten jedenfalls wollen nach dem Examen mit Schwung starten. «Es wurde uns vermittelt, dass wir Freiheit und Gestaltungsmöglichkeiten haben», sagt Kristina Hagen. Und Sarah Kingreen ergänzt: «Das müssen wir austesten.»

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