Fr, 03.05.2013Streit um Vergütungen für ambulante Pflege spitzt sich zu - Erneut Schiedsstelle angerufen

In Niedersachsen wird um die Zukunft der ambulanten Pflege gerungen. Während die Pflegedienste mit Unterstützung der Politik über zu geringe Vergütungen klagen, sind die Pflegekassen der Meinung, das Geld reicht. Hannover (epd). Der Streit um die Vergütungen für die ambulante Pflege in Niedersachsen spitzt sich zu. Diakonie, Caritas und private Pflegedienste haben nun schon zum zweiten Mal die Schiedsstelle für die Pflegeversicherung angerufen. Das Angebot der Pflegekassen und der kommunalen Spitzenverbände ermögliche keine tarifgerechte Bezahlung, kritisierte am Freitag der hannoversche Diakoniedirektor Christoph Künkel. Während die Kassen nach eigenen Angaben einen Stundensatz von rund 34 Euro anbieten, fordern Diakonie und Caritas 43 Euro. Nur mit einer auskömmlichen Vergütung könnten genügend Mitarbeiterinnen beschäftigt und auch tarifgerecht bezahlt werden, sagte Caritasdirektor Hans-Jürgen Marcus. Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) formuliert seine Kritik am Angebot der Kostenträger noch härter. Pflegekassenverbände und Kommunen böten Dumping-Preise an, die für keinen wirtschaftlich arbeitenden Pflegedienst akzeptabel seien, mahnte Verbandssprecher Henning Steinhoff. «Niedersachsen ist heute schon das Schlusslicht der westdeutschen Bundesländer bei der Vergütung ambulanter Pflegeleistungen», fügte Steinhoff hinzu. Auch der Arbeitgeber- und Berufsverband Privater Pflege empfiehlt, das Angebot der Kassen abzulehnen. Es bilde in keinster Weise den realen Stundensatz eines ambulanten Pflegedienstes ab, sagte Länderreferent Christian Schieder. bpa-Landesvorsitzender Karsten Neumann ergänzte: «Für die angebotene Stundenvergütung in der Grundpflege durch qualifiziertes Personal gibt es in Niedersachsen keinen Handwerker.» Die Ersatzkassen reagierten mit Verwunderung auf den erneuten Gang vor die Schiedsstelle. Im Dezember habe es bereits einen ersten Schiedsspruch gegeben, der für die Kassen nun der Maßstab sei, sagte Verbandssprecher Hanno Kummer dem epd. Dass die Vergütungen überdies nicht auskömmlich seien, «würde ich in der Pflege absolut bezweifeln», betonte er. Kummer verwies darauf, dass die Kassen als Sachwalter der Versicherten verhandelten, die einen Teil der Vergütungen bezahlen müssten, wenn das Geld aus der Pflegekasse nicht reiche. Nach Angaben von Diakonie-Fachreferent Jörg Reuter-Radatz zahlen Pflegebedürftige in Niedersachsen aber nur selten zu. Zudem müsse klar sein, dass Pflegebedürftige nicht zulasten der Beschäftigten entlastet werden könnten. «Eigenleistung geht vor Erbe», bekräftigte Reuter-Radatz die Position der Wohlfahrtsverbände und ergänzte, im System fehle aufgrund steigender Kosten Geld. Die Beiträge der Pflegeversicherung müssten deshalb erhöht werden. Kostenträger und Anbieter verhandeln über die Vergütungen, weil seit Jahresbeginn Pflegekunden das Recht haben, nicht nur einzelne Leistungen wie etwa eine Morgentoilette abzurechnen, sondern auch Zeit. So können Pauschalen beispielsweise für eine hauswirtschaftliche Versorgung oder Behördengänge verhandelt werden. Allerdings fehlen in Niedersachsen wie in den allermeisten anderen Bundesländern noch entsprechende Rahmenvereinbarungen mit den Pflegekassen. Niedersachsens neue Sozialministerin Cornelia Rundt (SPD) hatte kürzlich gesagt, sie wolle sich für höhere Löhne und eine Angleichung der Pflegesätze an den Bundesdurchschnitt einsetzen. Zu einem Gesamtkonzept für die Pflege gehörten aber auch höhere Beiträge: «Wir kommen nicht drumherum, mehr Geld in die Pflege zu investieren. Sonst stehen wir am Ende ohne Pflege da.»

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