Do, 19.08.2010Soziologe: Lebensmitteltafeln bekämpfen die Armut nicht

Hannover/ Furtwangen (epd). Lebensmitteltafeln für Bedürftige bekämpfen nach Ansicht des Soziologen und Buchautors Stefan Selke die Armut nicht. Anlässlich einer von kirchlichen Hilfswerken organisierten langen «Solidaritätstafel» an diesem Sonnabend in Hannover sagte Selke: «Die Tafeln stellen keine nachhaltige Hilfe dar.» Die Tafelbewegungen seien nur als Notlösung sinnvoll, sagte Selke am Donnerstag.

Der Professor der Hochschule Furtwangen im Schwarzwald befürchtet, dass sich der Grundgedanke der Tafelbewegung verändert. Der Trend, weitere Lebensmittel zu den Spenden hinzuzukaufen, setze sich immer mehr durch. «Die Prämisse ist mittlerweile nicht mehr, das Überflüssige zu verteilen, sondern das Fehlende zu ersetzen», sagte Selke. Tafeln beschäftigten sich mit dem Gedanken wie Hilfe produziert und nicht vermieden werde.

Der Soziologe appellierte an die Tafeln, als Teil einer Bürgerbewegung Grundrechte für alle einzuklagen. Dazu gehöre es, dass jedem Bürger die existenzsichernde Teilhabe an materiellen und geistigen Gütern ermöglicht werde. Selke hatte 2007 bei einer Tafel in Baden-Württemberg mitgearbeitet. Seine Erlebnisse hat er in dem Buch «Fast ganz unten - Wie man in Deutschland mit Hilfe von Lebensmitteltafeln satt wird» geschildert.

Anlass für die «Solidaritätstafel» in der Innenstadt von Hannover ist das «Europäische Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung». Geplant sei eine lange Tafel zwischen Schillerdenkmal und Kröpke in der Georgstraße, hieß es. Die niedersächsische Sozialministerin Aygül Özkan (CDU) hat angekündigt, daran teilzunehmen. Schirmherr ist Ministerpräsident David McAllister (CDU).

Am Sonnabend soll es von 11 bis 15 Uhr ein Bühnenprogramm und Informationsstellen geben. Als Höhepunkt ist um 12.30 Uhr das gemeinsame Essen geplant. Die Tafel soll dann voll besetzt sein, um so ein deutliches Zeichen der Solidarität mit in Armut lebenden Menschen zu setzen.

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