Mi, 09.10.2013Sozialpsychologin: Staat und Wirtschaft müssen Ausgleich zum Berufsstress fördern

Stade/Zwickau (epd). Die Sozialpsychologin Beate Mitzscherlich hat Politik und Wirtschaft dazu aufgefordert, die wachsenden Anforderungen an Arbeitnehmer stärker zu regulieren. Zu oft werde der Einzelne dafür verantwortlich gemacht, wenn er den Anforderungen in Beruf und Familienleben nicht gerecht werde, sagte die Zwickauer Professorin am Mittwoch im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Mitzscherlich sprach anlässlich des niedersächsischen «Woche der seelischen Gesundheit» bei einer Fachtagung in Stade. An diesem Donnerstag findet ein weltweiter Aktionstag statt, der das Augenmerk auf die seelische Gesundheit lenken soll.

Seit den 1990er Jahren sei die Zahl der Krankheitstage durch psychische Erkrankungen um mehr als 30 Prozent gestiegen, kritisierte Mitzscherlich, die an der Fachhochschule in Zwickau lehrt. Der Druck auf Einzelne habe durch stark angestiegene Arbeitszeiten und wachsende Mobilität in den vergangenen Jahren zugenommen. Auch die gesellschaftliche Erwartungshaltung, alles alleine schaffen zu müssen, trage zur Überforderung bei. «Der Kontakt zu Familien und Freunden, der früher ein Puffer war, ist heute mit Stress verbunden.»

Die Folge der wachsenden Anforderungen seien psychische Störungen wie Burn-out, Depressionen oder Ängste, sagte Mitzscherlich. «Die Balance zwischen Leben und Arbeit ist abhandengekommen.» Der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge leidet weltweit jeder vierte Mensch an psychischen Erkrankungen. In Deutschland wird die Zahl auf etwa 8 Millionen Erkrankte geschätzt.

Eine Lösung sieht die Sozialpsychologin und Pflegeforscherin in einer langsameren und bewussteren Lebensweise. Diese müsse auch von Staat und Wirtschaft gefördert werden.

Der weltweite Aktionstag «Seelische Gesundheit» wurde erstmals 1992 durch die WHO ins Leben gerufen. Seit sieben Jahren organisiert ein Aktionsbündnis, derzeit unter der Schirmherrschaft des Bundesgesundheitsministers Daniel Bahr (FDP), bundesweit Veranstaltungen zu dem Thema. In Deutschland finden um den 10. Oktober an 50 Orten rund 170 Aktionen statt.

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