Fr, 30.03.2012Sozialpsychologin: Auch Kriegsenkel leiden unter dem Schweigen der Großeltern über die NS-Zeit

Göttingen/Hannover (epd). Enkel aus der Kriegsgeneration leiden der hannoverschen Psychosoziologin Angela Moré ähnlich wie ihre Eltern darunter, wenn Großeltern die Mittäterschaft der NS-Zeit verschweigen. «In allen Fällen geht es um aufgetischte Lebenslügen, die aufzudecken viel Kraft und Energie kosten und die den Kindern und Enkelkindern von Tätern das Gefühl geben, missachtet und belogen zu werden», sagte Moré anlässlich einer bundesweiten Fachtagung der Gesellschaft für Psychohistorie und Politische Psychologie am Freitag in Göttingen.

Zur Tagung «Die Kinder der Kriegskinder» waren rund 140 Teilnehmer gekommen. Die Kriegsenkel-Generation sei von unbewussten Ängsten und Selbstzweifeln geprägt, sagte Moré. «Sie haben oft eine gute Ausbildung, aber trotzdem bleiben sie irgendwie stecken.» Viele verstrickten sich zwischen dem Empfinden von Schuld und Loyalität. Oft zeigten sich die Ängste auch, wenn es um die Gründung einer eigenen Familie gehe.

Betroffene, die heute zwischen 35 und 55 Jahre alt seien, litten unter Depressionen oder einer Orientierungslosigkeit im Leben. Jedoch würden die Hintergründe für ihre Symptome von Psychologen oder Therapeuten oft nicht erkannt, sagte die Psychosoziologin der Leibniz-Universität Hannover. Wichtig sei daher, die Anliegen und Probleme der Kriegsenkel stärker ins öffentliche Bewusstsein zu rücken.

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