Fr, 20.01.2012Sozialexperten für Reform des kirchlichen Arbeitsrechts

Bielefeld/Hildesheim (epd). Kirchliche Sozialexperten plädieren für eine Reform des kirchlichen Arbeitsrechts und eine Zusammenarbeit mit Gewerkschaften. Der sogenannte Dritte Weg habe nur dann eine Zukunft, wenn die Arbeitnehmerseite gestärkt werde, sagte der Rektor der Fachhochschule der Diakonie in Bielefeld, Martin Sauer, am Donnerstagabend.

Dazu gehörten ein angemessener Lohn sowie Chancengleichheit zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen, erklärte Sauer auf einer Veranstaltung der Fachhochschule. Diakonie und Gewerkschaften sollten nicht länger auf Konfrontation setzen, sondern sich gemeinsam gegen die schlechte staatliche Refinanzierung von sozialer Arbeit engagieren.

Der Hildesheimer Arbeitsrechtler Ulrich Hammer bemängelte beim Dritten Weg eine Chancenungleichheit zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Wenn die Kirche und ihre Einrichtungen am kirchlichen Arbeitsrecht festhalten wollten, müssten sie sich auf Gewerkschaften und Berufsverbände einlassen. Allerdings könne eine Altenpflegeeinrichtung nicht nach diakonischen Grundsätzen arbeiten, wenn die vom Staat gezahlten Pflegesätze zu niedrig seien, betonte Hammer.

Der Vorstandssprecher der Diakonischen Stiftung Wittekindshof in Bad Oeynhausen, Dierk Starnitzke, sprach sich für «gemeinsame neue Wege» von Diakonie und Gewerkschaften aus. Den Dritten Weg wertete Starnitzke als Erfolgsmodell, in dem es wenig Streit und eine hohe Tariftreue gebe. Ob dieser Sonderweg weiterhin akzeptabel sei, darüber müsse letztlich Europa entscheiden, sagte Starnitzke.

Bei den Kirchen werden Löhne und Gehälter nicht zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften ausgehandelt. Das Grundgesetz erlaubt ihnen, einen tariflichen Sonderweg zu gehen, der Streiks und Aussperrungen ausschließt. Fast flächendeckend gilt der sogenannte Dritte Weg. Über Bezahlung und Arbeitsbedingungen entscheiden Arbeitsrechtliche Kommissionen. Sie sind mit Arbeitgebern und Arbeitnehmern paritätisch besetzt.

Die Gewerkschaft ver.di kämpft gegen das Streikverbot. Das Landesarbeitsgericht Hamm hatte im vergangenen Jahr Beschäftigten der evangelischen Kirche und der Diakonie ein Streikrecht zugesprochen. Die Diakonie legte Revision beim Bundesarbeitsgericht in Erfurt ein.
Eine Entscheidung des Gerichts wird für dieses Jahr erwartet.

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