Di, 19.02.2013Rechtsexperte warnt vor Abschaffung des Religionsunterrichts

Hannover (epd). Der Göttinger Jurist Hans Michael Heinig hat davor gewarnt, den Religionsunterricht aus deutschen Lehrplänen zu verbannen. Das Fach erkläre Jugendlichen nicht nur, was das Kreuz auf Kirchtürmen bedeute, sondern diene auch ihrer Persönlichkeitsentwicklung. «Wer von Religion keine Ahnung hat, glaubt am Ende alles», sagte Heinig am Montagabend bei einer Diskussion der Hanns-Lilje-Stiftung in Hannover über Religion in der Schule in Hannover. Heinig leitet das Institut für öffentliches Recht an der Universität Göttingen. Im Nebenamt ist er zudem Leiter des kirchenrechtlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

Heinig wandte sich gegen den Vorschlag, den Religionsunterricht in ein bekenntnisfreies Fach «Lebensgestaltung, Ethik und Religionskunde» nach Brandenburger Vorbild umzugestalten. Dort würden Heinig zufolge hauptsächlich atheistische Werte und «vulgärreligiöse» Ansichten vermittelt. Religion aus der Schule verdrängen zu wollen, sei reiner Kulturkampf, sagte Heinig vor rund 150 Zuhörerinnen und Zuhörern.

Marianne Demmer, stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, kritisierte dagegen, der Religionsunterricht in seiner derzeitigen Form stelle die Schulen vor große organisatorische Probleme. Da jede Religion nur von Angehörigen dieses Glaubens gelehrt werden dürfe, müssten die Schulen Lehrkräfte für alle denkbaren Fälle vorhalten. «Das überfordert die Schulen und birgt auch Konfliktpotenzial im Lehrerkollegium», erläuterte Demmer.

Die Gewerkschafterin kritisierte außerdem die evangelische und die katholische Kirche dafür, dass sie sich nicht auf einen gemeinsamen christlichen Religionsunterricht einigen könnten. Dieser sei wegen der schrumpfenden Glaubensgemeinschaften in Zukunft zwingend notwendig und werde inoffiziell auch von vielen Lehrkräften schon so erteilt. «Die Religionslehrer sind dafür, aber den Kirchen geht es auch in der Schule um Nachwuchsgewinnung», vermutete Demmer.

Heinig entgegnete, dass niemand gegen seinen Willen an dem Fach teilnehmen müsse oder missioniert werde. Allerdings gehöre es gerade in den Klassen 1 bis 4 zwingend zum Religionsunterricht, mit Liedern und Gebeten Frömmigkeit einzuüben, da die Kinder in diesem Alter noch keine religionsphilosophischen Diskussionen führen könnten. «Mir selbst haben die Bibelgeschichten als Kind sehr viel gebracht», sagte der Jura-Professor. Beispiele für misslungenen Religionsunterricht ließen sich jedoch leider auch zu Hauf finden.

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