Mo, 04.06.2012Protest gegen Härtefall-Entscheidung: Kirchenvertreter tritt zurück

Hannover/Leer (epd). Einer der beiden Vertreter der evangelischen Kirchen in der Härtefallkommission des Landes Niedersachsen ist aus Protest gegen eine Entscheidung des Gremiums zurückgetreten. Der Vizepräsident der Evangelisch-reformierten Kirche mit Sitz in Leer, Johann Weusmann, sagte am Sonnabend dem epd: «Ich muss als Kirchenvertreter darauf achten, dass humanitäre Gründe den Vorrang haben.» Es sei eine persönliche Entscheidung gewesen. Weiter wolle er den Fall nicht kommentieren.

Die Härtefallkommission kann Flüchtlingen zu einem Aufenthaltsrecht verhelfen, wenn dringende humanitäre und persönliche Gründe vorliegen. Weusmanns Rücktritt geschah nach einer scharfen Kontroverse innerhalb der Kommission um den Umgang mit einer Roma-Familie aus Bad Bentheim. Er hatte sich letztlich erfolglos um eine auseinandergerissene Roma-Familie aus Bad Bentheim eingesetzt. Der Vater war mit zwei Kindern vor sechs Jahren in die Türkei abgeschoben worden, während die Frau mit weiteren fünf Kindern in Deutschland lebte.

Weusmann betonte, dass ihn der Rat der Stadt Bad Bentheim parteiübergreifend und einstimmig um Hilfe gebeten habe. Die Familie sei gut integriert. Dennoch stimmten drei Mitglieder der Kommission gegen die Anerkennung und nur vier dafür. Da derzeit noch eine Zweidrittel-Mehrheit aller acht Vertreter nötig ist, reichte das Votum nicht.

Der Roma-Frau aus Bad Bentheim droht keine Abschiebung, weil sie wegen ihrer Kinder in Deutschland geduldet ist. Damit der Vater die Familie in Deutschland wenigstens besuchen darf, muss die Mutter jedoch ein eigenes Aufenthaltsrecht besitzen. «Dies wäre eine humanitäre Lösung gewesen, die den Staat nichts gekostet hätte», sagte Weusmann.

Nach dem Rücktritt Weusmanns werde zunächst der Hamelner Superintendent Philipp Meyer die evangelischen Kirchen allein in der Kommission vertreten, sagte der Sprecher der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen, Johannes Neukirch. Der Rat der Konföderation werde sich vermutlich am 5. Juni mit dem Fall beschäftigten.

Weusmann sagte, die Kommission habe sich in vielen Dingen positiv entwickelt. Dies müsse Innenminister Uwe Schünemann (CDU) zugestanden werden. Wer gut integriert sei, habe gute Chancen auf eine Anerkennung. Das Land hat im vergangenen Jahr 103 Flüchtlinge als Härtefälle anerkannt und ihnen so ein Aufenthaltsrecht ermöglicht. Schünemann gab in 49 Fällen einem Ersuchen der Härtefallkommission des Landes statt.

Nach dem umstrittenen Fall der vietnamesischen Familie Nguyen aus Hoya bei Bremen will das Land nun die Verordnung zur Härtefallkommission verändern. Künftig soll statt einer Zwei-Drittel-Mehrheit bereits die einfache Mehrheit der acht stimmberechtigten Mitglieder genügen, um ein Härtefallersuchen an den Minister zu richten. Allerdings soll die Kommission künftig nur beschlussfähig sein, wenn mindestens sieben Mitglieder anwesend sind.

Pressestelle

Kann die Pressestelle etwas für Sie tun? Hier finden Sie den Kontakt zu uns.