Do, 02.02.2012Politologe sieht soziale Spaltung als Gefahr für Demokratie

Bremen/Köln (epd). Die auch durch die Finanzkrise wachsende Kluft zwischen Arm und Reich gefährdet nach Auffassung des Kölner Politikwissenschaftlers Christoph Butterwegge die Demokratie. Viele Menschen bis hinein in die bürgerliche Mitte trauten den etablierten Parteien keine Lösungen mehr zu und folgten rechtspopulistischen Strömungen, warnte der Armutsforscher am Donnerstag bei einem Fachtag des Deutschen Gewerkschaftsbundes in Bremen. Aus Angst vor dem sozialen Abstieg würden benachteiligte Menschen und Ausländer in der Krise zunehmend ausgegrenzt.

«Wenn der Sozialstaat abgebaut wird, geht das Fundament für die Demokratie verloren», sagte der Politologe. Dabei sei Demokratie mehr als das Wahlrecht, es gehe auch um Beteiligung. «Aber wie soll sich eine alleinerziehende Mutter mit Hartz IV gesellschaftlich beteiligen, wenn sie nicht mal weiß, wie sie das Schulmaterial finanzieren kann?»

Der sozialen Spaltung muss laut Butterwegge eine «neue Kultur der Solidarität» entgegengesetzt werden. Dazu zählt er eine Bürgerversicherung und Abgaben, die höhere Einkommen etwa durch eine Vermögenssteuer und eine reformierte Erbschaftssteuer stärker zur Finanzierung sozialer Projekte heranziehen.

Für diese Solidarität müsse die Mittelschicht gewonnen werden, die sich in der Krise wirtschaftlich bedroht sieht und deshalb nach unten abgrenzt. «Es kann mich nicht kalt lassen, wenn die Stadtgesellschaft immer stärker in arme und reiche Wohnviertel auseinanderfällt», sagte der Wissenschaftler.

Aufgrund dieser Ghettoisierung vor allem in Ostdeutschland, im Ruhrgebiet und in den Stadtstaaten fürchtet Butterwegge, dass es zu Jugendunruhen wie im englischen Tottenham kommen könnte, wenn nicht gegengesteuert wird. Wenig hilfreich sei auch in diesem Zusammenhang das Vorbild von Bundespräsident Christian Wulff. Dass der höchste Repräsentant Deutschlands gerne bei reichen Unternehmern Urlaub mache, zeige die enge Verbindung von Politik und Wirtschaft. «Das trägt nicht dazu bei, die soziale Spaltung zwischen Arm und Reich abzubauen.»

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