Mi, 17.12.2014Politiker: «Pegida»-Anhänger sollten sich nicht instrumentalisieren lassen

Osnabrück/Berlin (epd). Im Blick auf die islamfeindlichen «Pegida»-Proteste haben Politiker vor einer Instrumentalisierung durch Rechtsextremisten gewarnt. Die Sorgen vieler Bürger könnten durch extreme politische Gruppen für eine «unappetitliche Schmutzkampagne» genutzt werden, sagte Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (Mittwochsausgabe). Justizminister Heiko Maas (SPD) appellierte an jeden Einzelnen, aufzupassen, wofür er da instrumentalisiert werde. Nach Einschätzung nordrhein-westfälischer Sicherheitskräfte wird «Pegida» von Rechtsextremisten gesteuert.

Eine polemische Anti-Islam-Kampagne werde der Ernsthaftigkeit des Anliegens der Menschen nicht gerecht, die sich etwa an den Demonstrationen in Dresden beteiligten, sagte Lammert. Jeder müsse für sich die Frage beantworten, «in welcher Gesellschaft er für welches Anliegen auf die Straße geht oder seine Stimme erhebt».

Der Bundesjustizminister unterstrich in der «Passauer Neuen Presse» (Mittwochsausgabe): «Auch Mitläufer haben keine Absolution verdient.» Wenn auf dem Rücken von hilfesuchenden Flüchtlingen ausländerfeindliche Stimmung gemacht werde, halte er «Verständnis für nicht angebracht», fügte Maas hinzu: «Wir sollten 'Pegida' vielmehr mit Argumenten bloßstellen.» Meinungsfreiheit rechtfertige keine ausländerfeindliche Hetze.

SPD-Chef Sigmar Gabriel sprach sich dafür aus, die Proteste der «Pegida»-Bewegung ernst zu nehmen und sich mit den Motiven ihrer Anhänger auseinanderzusetzen. «Es gibt Neonazis und Radikale unter den Protestlern, von denen müssen wir uns glasklar abgrenzen», sagte der Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister der «Bild»-Zeitung. Stimmungsmache gegen Minderheiten, die sich in Gewalt entladen könne, sei nicht hinzunehmen. Andererseits gebe es unter den «Pegida»-Protestierenden viele, die verunsichert seien und mitliefen.

Diese Menschen fühlten sich mit ihren «diffusen Ängsten vor einer 'Überfremdung' nicht ernst genommen von der Politik». Auf sie müssen man zugehen, «ohne es an Klarheit in der Auseinandersetzung fehlen zu lassen», forderte der SPD-Vorsitzende. Ähnlich hatte sich am Dienstag bereits Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) geäußert.

Auch Lammert forderte die Politik auf, überzeugender als bisher die Zuwanderungspolitik zu erläutern. «Diese Diskussion ist nicht nur möglich, sondern ganz offenkundig nötig», sagte der CDU-Politiker. Es sei nicht hinreichend gelungen, die Verpflichtungen und Interessen Deutschlands zu erklären. Die Aufnahme von Flüchtlingen sei eine humanitäre Verpflichtung.

Nach Einschätzung der nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden wird «Pegida» von radikalen Kräften gesteuert. «Wir wissen, dass die Organisatoren der Kundgebungen in Düsseldorf und Bonn dem rechtsextremistischen Umfeld zuzuordnen sind», sagte Innenminister Ralf Jäger (SPD) der «Rheinischen Post» in Düsseldorf. Bei den «Pegida»-Demonstrationen hätten die Sicherheitsbehörden besonders die Mitglieder der rechtsextremen Splitterparteien «Pro NRW» und «Die Rechte» sowie Teile der NPD im Blick.

In Dresden waren am Montagabend 15.000 Anhänger der «Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes» («Pegida») auf die Straße gegangen. Auch in anderen deutschen Städten finden seit einigen Wochen anti-islamische Kundgebungen statt.

Internet: Interview Gabriel im Wortlaut bei «bild.de»: http://u.epd.de/96h


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