Mi, 20.02.2013Pflegeforscher: Altenheime werden immer mehr zu Hospizen

Osnabrück/Hannover (epd). Die Altenheime müssen sich nach Ansicht des Osnabrücker Pflegeforschers Hartmut Remmers dringend auf eine steigende Zahl bettlägeriger, demenzkranker und depressiver Bewohner einstellen. Menschen gingen zunehmend erst in ihrer allerletzten Lebensphase ins Heim, sagte der Professor am Mittwoch in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd): «Die Pflegeheime werden immer mehr zu Hospizen.» Auf die daraus folgenden Aufgaben sei die stationäre Altenpflege bislang nicht vorbereitet. Es komme immer häufiger vor, dass die schwerstkranken Bewohner unter hohem Zeitdruck nur lückenhaft versorgt würden.

Pflegewissenschaftler aus Osnabrück unter der Leitung von Remmers und Altersforscher der Universität Heidelberg haben neue Ansätze für eine zukunftsfähige Altenpflege entwickelt. Sie stellen diese am Freitag während eines Fachkongresses in Hannover zur Diskussion.

Zunächst müssten diese Erkenntnisse in die Aus- und Weiterbildung des Pflegepersonals einfließen, betonte Remmers. Zudem müssten mehr Fach- und Assistenzkräfte eingestellt werden, die möglichst in Vollzeit arbeiteten. «Für demenzkranke, psychisch kranke und sterbende Menschen ist es wichtig, dass ihre Pfleger nicht zu oft wechseln.» Solche Verbesserungen seien jedoch wahrscheinlich ohne Mehrkosten nicht zu haben.

Remmers wies darauf hin, dass in der Neuorganisation der Arbeitsabläufe auch Sparpotenzial stecke könne. Derzeit binde die Dokumentation der Pflege bis zu 30 Prozent der Arbeitszeit von Fachkräften. Das könnten nach entsprechender Schulung möglicherweise auch Teilzeit-Assistenzkräfte übernehmen. Der Einsatz von mobilen Computern könne diese Zeit ebenfalls reduzieren. «Allerdings muss auch alles daran gesetzt werden, den administrativen Wasserkopf zu verkleinern, damit man sich stärker den Patienten zuwenden kann.»

Wichtig sei es außerdem, die Möglichkeiten der Prävention in der Altenpflege auszuschöpfen, betonte Remmers. So könnten die Bewohner etwa durch mehr Physio- und Ergotherapie länger mobil bleiben. Durch Erinnerungszimmer könne die Demenz ein wenig verlangsamt werden.

Ein weiteres Problem ist aus der Sicht des Experten die mangelnde gesellschaftliche Anerkennung der Pflegeberufe: «Wenn eine Gesellschaft die Pflege der alten Menschen gering schätzt, dann verliert sie ihr Wertegerüst.» Das drücke sich nicht nur, aber auch in schlechter Bezahlung aus. Dabei müssten Pflegekräfte nicht nur körperlich schwere Arbeit leisten. Hinzu komme die seelische Belastung, weil sie vorrangig mit Abbauprozessen der Menschen konfrontiert seien: «Und am Ende steht der Tod.»

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