Mi, 20.06.2012Niedersachsen will Reform der Härtefallkommission beschleunigen - Opposition sieht «Mogelpackung»

Hannover (epd). Nach dem Rückzug mehrerer kirchlicher Vertreter aus der niedersächsischen Härtefallkommission für Flüchtlinge will die Landesregierung die Reform des Gremiums beschleunigen. Noch im Juni solle die seit Monaten geplante neue Härtefallverordnung im Kabinett verabschiedet werden, kündigte Innenminister Uwe Schünemann (CDU) am Mittwoch vor dem Landtag in Hannover an. «Dann wird es wieder eine vernünftige Arbeit in der Kommission geben.» Unterdessen übte die Landtagsopposition erneut harte Kritik an Schünemann, die der Minister jedoch als «absurd» zurückwies.

Anfang Juni war einer von zwei evangelischen Kirchenvertretern in der Kommission, Johann Weusmann aus Leer, aus Protest von seinem Amt zurückgetreten, weil er humanitäre Kriterien nicht ausreichend gewahrt sah. Er hatte sich erfolglos für eine auseinandergerissene Roma-Familie aus Bad Bentheim eingesetzt. Danach ließen auch der evangelische Superintendent Philipp Meyer aus Hameln und der Hildesheimer Caritas-Direktor Hans-Jürgen Marcus ihre Mitarbeit ruhen. Beide wollen erst wieder mitmachen, wenn die neue Verordnung in Kraft ist.

Der Rückzug der Kommissionsmitglieder sei ein Warnsignal, betonte die Grünen-Abgeordnete Filiz Polat: «So kann es nicht weitergehen. Wir brauchen eine Härtefallkommission, die humanitären Gründen den Vorrang gibt.» Die von der Landesregierung beabsichtigte Reform sei jedoch eine «Mogelpackung», da sie eine Vielzahl von Gründen festlege, mit denen Härtefall-Anträge ausgeschlossen oder erst gar nicht angenommen werden könnten.

Der SPD-Abgeordnete Klaus-Peter Bachmann warf dem Innenminister vor, er könne die Kommission blockieren, indem die von ihm benannten Kommissionsvertreter den Beratungen fernblieben.

Der Koalitionspartner FDP dagegen sieht durch die Reform verbesserte Möglichkeiten für Flüchtlinge. Vieles sei jetzt liberaler geregelt, sagte der Abgeordnete Jan-Christoph Oetjen. Er appellierte an die Kirchen, weiter in dem Gremium mitzuarbeiten: «Wer den Tisch verlässt, verliert Handlungsmöglichkeiten.» Allerdings müssten Details der Verordnung noch verbessert werden, etwa der Umgang mit Flüchtlingen im Kirchenasyl.

Die Kommission kann von der Abschiebung bedrohten Flüchtlingen zu einem Aufenthaltsrecht verhelfen, wenn dringende humanitäre und persönliche Gründe vorliegen. Nach der neuen Verordnung soll bereits die einfache Mehrheit genügen, um Härtefälle anzuerkennen, statt wie bisher eine Zweidrittel-Mehrheit. Allerdings soll die Kommission künftig nur beschlussfähig sein, wenn mindestens sieben Mitglieder anwesend sind.

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