Di, 23.09.2014Niedersachsen will Abschiebungen humaner machen

Innenminister will keine nächtlichen Abholaktionen mehr

Hannover (epd). Mit einem «Rückführungserlass» will Niedersachsen mehr Menschlichkeit in die Abschiebeverfahren für abgelehnte Asylbewerber bringen. Der neue Erlass gibt den Behörden unter anderen vor, Familien bei einer Abschiebung nicht zu trennen, sagte Innenminister Boris Pistorius (SPD) am Dienstag in Hannover. Dies war in den vergangenen Jahren häufig kritisiert worden. Nach seinen Angaben gibt es bisher in keinem Bundesland vergleichbare Regelungen. Er gehe davon aus, dass das niedersächsische Beispiel bundesweit Nachahmer finden werde.

Zudem will das Land Abschiebungen künftig vorher deutlich ankündigen, damit sich die Menschen darauf einstellen können. Nächtliche Abschiebungen will der Minister künftig vermeiden, so weit es die Flugpläne in die Herkunftsländer gestatten: «Niemand soll damit rechnen müssen, dass nachts plötzlich Polizisten vor der Tür stehen und ihn dazu auffordern, die Koffer zu packen», betonte Pistorius.

Im Falle einer freiwilligen Ausreise würden die Betroffenen intensiv von den Behörden beraten. Abschiebehaft soll nur in Ausnahmefällen verhängt werden. Der Innenminister, seit anderthalb Jahren im Amt, hatte bereits mehrfach für humanere Abschiebungen plädiert - mit dem Erlass ließ er die Regelungen nun erstmals rechtlich festschreiben.

Laut Pistorius gab es in Niedersachsen im laufenden Jahr bis August insgesamt 1.986 Abschiebungsersuchen von den Kommunen. Davon wurden 603 ausgeführt, die übrigen wegen Krankheit oder neuer Einsprüche der Rechtsanwälte abgesagt. 420 der 603 Abschiebungen waren Fälle nach der Dublin-Verordnung, nach der der Flüchtling in demjenigen europäischen Land Asyl beantragen muss, in das er als erstes eingereist ist.

Die Zahl der Abschiebeersuchen sei stark angestiegen, sagte Pistorius. 2013 gingen im gesamten Jahr 1.860 Ersuchen ein. Jede Abschiebung sei für die Betroffenen ein «traumatisches Ereignis». Umso wichtiger sei es, das Verfahren so erträglich wie möglich zu gestalten. «Wir müssen mit denen, die nicht bleiben können, human umgehen.»

Der Minister wies auch darauf hin, dass abgelehnte Asylbewerber auf die Härtefallkommission des Landes hingewiesen würden. Diese kann Flüchtlingen ein Bleiberecht aus humanitären Gründen ermöglichen. Niedersachsen hatte vor einem Jahr die Zugangshürden dafür gesenkt. Seither sei die Zahl der Eingaben deutlich gestiegen, erläuterte der Minister. Rund 40 Prozent würden zur Beratung angenommen. Häufig spreche sich die Kommission dann einstimmig für einen Verbleib des Flüchtlings in Niedersachsen aus.

Internet: www.mi.niedersachsen.de


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