Do, 08.01.2015Muslime und Kirchen in Niedersachsen entsetzt über Anschlag in Paris

Hannover (epd). Muslime und Kirchen in Niedersachsen haben entsetzt auf den Mordanschlag auf die französische Satirezeitschrift «Charlie Hebdo» reagiert. Die Morde an den Karikaturisten dürften die Kunstfreiheit nicht beeinträchtigen, sagte der evangelische Landesbischof Ralf Meister aus Hannover am Donnerstag im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst. «Unsere Kultur hat das Gut der freien Meinungsäußerung in Jahrhunderten sowohl den weltlichen wie auch den religiösen Machthabern abgetrotzt.»

Es sei zu befürchten, dass die Muslime nun unter Generalverdacht gestellt würden, sagte Meister, der auch Ratsvorsitzender der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen ist. «Die Pegida-Demonstrationen sind ein Beispiel für substanzlose generelle Verdächtigungen.» Christen und Muslime müssten jetzt öffentlich noch enger zusammenstehen. «Zugleich müssen wir offener über Ängste und Sorgen sprechen, die Christen wie Muslime vor dem radikalen Islamismus haben.»

Religionsgemeinschaften müssen auch nach Ansicht des evangelischen Landesbischofs Christoph Meyns aus Braunschweig kritische Karikaturen aushalten. «Wir müssen als Kirche auch ertragen, dass es Jesus-Karikaturen gibt», sagte Meyns am Donnerstag. Dies gehöre mit zum Rechtsstaat. «Damit müssen auch die Muslime hier im Westen klarkommen.»

Die westlichen Gesellschaften dürften sich ihren freiheitlichen Lebensstil und ihre Kultur «nicht kaputtmachen lassen», warnte Meyns.
Der promovierte Theologe sieht die Ursache für das Attentat in Paris nicht in erster Linie in der islamischen Religion. «Das ist eine Gewaltideologie, die zum Teil den Islam okkupiert hat», sagte er. In der Vergangenheit sei vieles als Motiv für Hass und Gewalt vereinnahmt worden: Nation, Wirtschaft, Religion und sogar Kunst und Musik wie in der NS-Zeit.

Der Vorsitzende des Landesverbandes der Muslime («Schura»), Avni Altiner, befürchtet nun stärkere Anfeindungen gegen Muslime. Er sei in großer Sorge, sagte Altiner der «Neuen Presse» in Hannover (Donnerstagausgabe). «Wir verurteilen diese Tat auf das Schärfste, unser Mitgefühl ist bei den Angehörigen», betonte er. Europa habe viele Freiheiten, zu denen auch das Presserecht gehöre. Dieses müsse geschützt werden.

Die niedersächsische Landesregierung hat unterdessen aus Anlass des Anschlags mit zwölf Toten eine dreitägige landesweite Trauerbeflaggung aller öffentlichen Gebäude angeordnet. Dabei werde bis zum 10. Januar die Europaflagge, die Bundesflagge oder die Landesflagge auf Halbmast gesetzt, wie die Staatskanzlei auf ihrer Internetseite veröffentlicht hat.

Bei dem Angriff auf die Redaktion des Satiremagazins waren am Mittwoch zwölf Menschen getötet worden. «Charlie Hebdo» hatte mehrfach mit islamkritischen Beiträgen wie Mohammed-Karikaturen für Aufsehen gesorgt.

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