Mi, 14.08.2013Ministerpräsident Weil prangert Schein-Werksverträge an - Wirtschaftsminister Lies kritisiert unklare regionale Vereinbarungen

Essen/Kr. Cloppenburg (epd). Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hat die umstrittenen Werksverträge für osteuropäische Arbeiter als Scheinselbstständigkeit angeprangert. «Es ist der größte Missbrauch des deutschen Arbeitsrechtes», sagte er am Mittwoch in Essen-Bevern bei Cloppenburg nach einem Gespräch mit den Landräten im Westen Niedersachsens. «Wir brauchen einen flächendeckenden zwingenden Mindestlohn von 8,50 Euro, um die Situation wieder zu normalisieren.»

Bekämen die Arbeiter diesen Mindestlohn ausgezahlt, sei der Missbrauch nicht mehr lukrativ, betonte Weil. Die Scheinselbstständigkeit bei Werksverträgen sei ein bundesweites Problem, das sich durch alle Branchen ziehe. Er sprach von «Hunderttausenden, wenn nicht Millionen Fällen». Echte Werksverträge seien kein Problem. Doch zahlreiche Sub-Unternehmen umgingen systematisch die Gesetze.

Weiter forderte der Ministerpräsident mehr Rechte für Betriebsräte. Nur sie könnten in Unternehmen kontrollieren, ob der Mindestlohn eingehalten werde und Werksverträge auch echte Werksverträge seien. Außerdem müsse die Bundesregierung dem Zoll mehr Rechte zur Kontrolle von Arbeitsverhältnissen einräumen.

Der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) kritisierte regionale Vereinbarungen, wie sie in der vergangenen Woche zwischen vier südoldenburgischen Städten und einzelnen Unternehmen der Fleischindustrie getroffen wurden. Sie seien falsch und öffneten dem Missbrauch Tür und Tor. Da die Vereinbarungen mehrdeutige Formulierungen hätten, werde ein Mindestlohn nur vorgetäuscht.

Weil kündigte an, in den kommenden Wochen im Landtag eine einheitliche Regelung zu Kontrolle der oft überbelegten Massenunterkünfte zu schaffen. Derzeit gebe es keine landesweit einheitliche Handhabe, auf die sich Kommunen beziehen könnten. Vor einem Monat waren in Papenburg zwei rumänische Werkvertragsarbeiter bei einem Brand in ihrer Unterkunft gestorben.

Der Cloppenburger Landrat Hans Eveslage (CDU) stimmte dem Vorhaben zu: Ohne eine einheitliche Regelung drohe ein «Unterkunftstourismus». Sein Landkreis habe in den vergangenen Wochen Massenunterkünfte streng kontrolliert. «Aber wir dürfen ohne Ankündigung nicht in die Häuser rein.» In dieser Frage erwarte er Hilfe von der Landesregierung.

Ein weiteres Problem entstehe, wenn die osteuropäischen Arbeiter dauerhaft bleiben wollten und ihre Familien nachholten, sagte Eveslage. Auch hier sei die Hilfe des Landes notwendig, um die Familien integrieren zu können. Besonders die Schulen müssten unterstützt werden, weil die Kinder oft kein Deutsch könnten.

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