Mo, 12.01.2009Menschenrechtler: Aufnahme irakischer Flüchtlinge unzureichend

Hannover (epd). Flüchtlingsorganisationen und Menschenrechtler haben die bevorstehende Aufnahme von 2.500 irakischen Flüchtlingen in Deutschland als unzureichend kritisiert. «Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein», sagte Kai Weber vom Flüchtlingsrat Niedersachsen am Freitag in Hannover im epd-Gespräch. Angesichts von rund 2,5 Millionen Flüchtlingen aus dem Irak, die in Syrien und Jordanien unter härtesten Bedingungen lebten, handele es sich um ein «lächerlich kleines Kontingent».

   Nach monatelangen Beratungen hatten die EU-Innenminister Ende November beschlossen, rund 10.000 besonders schutzwürdigen irakischen Flüchtlingen, die keine Chance auf eine Rückkehr in ihre Heimat haben, Zuflucht zu gewähren. Als gefährdet gelten vor allem Christen. Deutschland erklärte sich bereit, 2.500 Iraker aufzunehmen. Die ersten Flüchtlinge sollen im Januar eintreffen und zunächst im Grenzdurchgangslager Friedland bei Göttingen aufgenommen werden.

   Die Aufnahme von rund einem Promille der Flüchtlinge sei eher ein symbolischer Akt, sagte Weber. Für die Begünstigten sei sie zwar wichtig, die Flüchtlingsnot könne damit aber nicht gelindert werden. Weber verwies darauf, dass Deutschland ab 1979 rund 26.000 «Boat people» aus Vietnam aufgenommen habe. Die niedersächsische Landesregierung solle über das zugesagte Kontingent hinaus weitere Aufnahmen zusagen, forderte er. Auch amnesty international kritisierte die Zahlen als zu gering.

   Der Flüchtlingsrat wandte sich auch gegen Einzelfallprüfungen durch Mitarbeiter der Bundesländer und des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge. Diese sollen in Jordanien und Syrien nach bestimmten Kriterien geeignete Iraker für die Aufnahme in Deutschland auswählen. Die Iraker seien bereits durch das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen UNHCR überprüft worden, sagte Weber. Sie könnten auf dieser Grundlage unbürokratisch in Deutschland aufgenommen werden.

   Weber forderte zudem eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis für die Iraker in Deutschland. Nach den bisherigen Plänen ist der Aufenthalt zunächst auf drei Jahre befristet, kann aber verlängert werden. Nach ihrem Eintreffen in Friedland müssten die Flüchtlinge möglichst rasch auf die Bundesländer verteilt werden: «Integration erfolgt am besten vor Ort, in der Kommune.» Dabei sollten sich die Behörden nicht strikt an rechnerischen Verteilerschlüsseln orientieren, sondern auch an Familienangehörigen oder Unterstützungsmöglichkeiten.

   Mit der Aufnahme der Flüchtlinge beteiligt sich Deutschland zum ersten Mal an einem gezielten Umsiedlungsprogramm des Flüchtlingshilfswerks UNHCR. In der Bundesrepublik leben zurzeit insgesamt 72.000 Iraker, davon rund 7.000 in Niedersachsen. Vielen von ihnen sei nach dem Sturz von Saddam Hussein der Flüchtlingsstatus aberkannt worden, so dass sie nun mit befristeten Duldungen leben müssten, kritisierte Weber. In Hannover hat sich nach Informationen des Flüchtlingsrates und amnesty international inzwischen eine Gruppe «Save-Me, die Stadt Hannover sagt ja!» gebildet, die Umsiedlungen von Flüchtlingen aus dem Irak und anderen Ländern unterstützen will.

   Evangelische Bischöfe in Niedersachsen hatten die Aufnahme der Flüchtlinge begrüßt. Die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann sagte, die Kirchen müssten auf die Ankunft der Iraker in Friedland vorbereitet sein. Sie hätten die Pflicht, sich für verfolgte Christen verantwortlich zu fühlen. Der braunschweigische Landesbischof Friedrich Weber nannte die Aufnahme der Flüchtlinge einen ersten Schritt in die richtige Richtung.

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