Mo, 24.10.2011Medizinethiker gegen Spätabbrüche bei lebensfähigen behinderten Kindern

Hannover/Essen (epd). Der Medizinethiker Professor Eckhard Nagel hat sich gegen die Spätabtreibung lebensfähiger behinderter Kinder gewandt. «Eine Gesellschaft, die nicht stolz ist auf ihre Mitglieder, die mit Einschränkungen leben müssen, hat keine Zukunftsperspektive», sagte Nagel in einem Interview der «Hannoverschen Allgemeinen Zeitung» (Montagsausgabe). Er selbst würde einen Schwangerschaftsabbruch bei einem Kind mit genetisch diagnostiziertem Down-Syndrom nach der zwölften Woche ablehnen.

   Nagel (51) ist Ärztlicher Direktor der Universitätsklinik Essen, Professor der Universität Bayreuth und Mitglied des Deutschen Ethikrates. Er gehört auch dem Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentages an. Ein Schwangerschaftsabbruch gehöre zu den «menschlich schwierigsten Situationen, denen wir uns gegenüber sehen», sagte er. Ein evangelischer Christ könne hier nicht dogmatisch antworten. Ein schlichtes Verweigern von Abbrüchen auch nach der vollendeten zwölften Schwangerschaftswoche sei keine Lösung.

   «Die ethische Grenze liegt meines Erachtens bei der Lebensfähigkeit des Ungeborenen», betonte der aus Hannover stammende Nagel. Die Tötung eines lebensfähigen Kindes müsse ausgeschlossen
bleiben: «Eine Tötung eines Kindes im Mutterleib, zum Beispiel durch eine Kaliumchlorid-Spritze ins Herz, ist ethisch völlig inakzeptabel.»

   Christliche Krankenhäuser seien bei Abbrüchen nach der zwölften Woche generell sehr zurückhaltend. Sie verträten neben dem allgemein geltenden Auftrag des Lebensschutzes ein Menschenbild, das «die Schöpferkraft Gottes anerkennt». In den evangelischen Krankenhäusern Hannovers wird derzeit heftig über Spätabbrüche diskutiert, nachdem die Zahl der Fälle dort zuletzt gestiegen war.

   Nagel sagte, die moderne Pränataldiagnostik müsse sich generell fragen lassen, was sie dazu beitrage, dass die Zahl der späten Abbrüche in den vergangenen Jahren ständig gestiegen sei: «Da läuft etwas falsch.»


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