Mo, 26.07.2010Lutheraner haben neue Spitze

Stuttgart/Hannover (epd). Der palästinensische Bischof Munib A. Younan steht künftig an der Spitze des Lutherischen Weltbundes (LWB).
Die in Stuttgart tagende 11. LWB-Vollversammlung wählte den Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land am Samstag mit großer Mehrheit zu ihrem neuen Präsidenten. Der 59-Jährige folgt dem US-amerikanischen Bischof Mark Hanson (63), der seit 2003 den kirchlichen Dachverband mit weltweit rund 70 Millionen Christen leitete. Der in Jerusalem geborene Younan gilt als streitbarer Kämpfer für einen gerechten Frieden im Nahen Osten und Förderer des interreligiösen Dialogs. Seine Wahl stieß in der weltweiten Ökumene auf Zustimmung.

   Nach seiner Wahl rief Younan die arabischen Christen in Israel und den Palästinensergebieten zum Bleiben auf. «Was wäre das heilige Land ohne Christen», sagte er nach seiner Wahl. Die Kirchen müssen sich Younan zufolge mehr engagieren gegen Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Islamophopie sowie im Kampf gegen Aids. Zur Konfliktregion Nahost sagte er, auch in einer hoffnungslosen Situation dürfe man die Hoffnung nicht aufgeben. Durch interreligiösen Dialog sei auch eine Versöhnung zwischen Israelis und Palästinensern möglich, sagte der aus einer Flüchtlingsfamilie stammende verheiratete Vater von drei Kindern.

   Younan war bei der Wahl der einzige Kandidat. In der Geschichte der 1947 im schwedischen Lund gegründeten Organisation gibt es bisher nur Männer im Präsidentenamt. Die am 20. Juli eröffnete Vollversammlung des LWB mit rund 1.000 Teilnehmern, darunter rund 400 Delegierte, geht am Dienstag zu Ende.

   Nach seinem Studium in den USA und Finnland war Younan Gemeindepfarrer in Beit Jala und Ramallah. Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Jordanien und im Heiligen Land geht zurück auf die deutsche Mission im 19. Jahrhundert. Younan ist dort seit 1998 Bischof und zudem Mitglied des Exekutivkomitees des Mittelöstlichen Kirchenrats. Er ist zudem Mitbegründer des «Council of Religious Institutions of the Holy Land», dem Rat religiöser Einrichtungen im Heiligen Land, der sich aus Juden, Muslimen und Christen zusammensetzt.

   Die Wahl Younans stieß in den Kirchen in Deutschland auf Zustimmung. Der amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, sicherte ihm Unterstützung für sein schwieriges Amt zu. Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, äußerte die Hoffnung, dass «der Dialog zwischen der katholischen Kirche und dem Lutherischen Weltbund auch künftig in konstruktiver Weise fortgeführt wird.»

   Am Sonntag rief der Bischof der gastgebenden württembergischen Landeskirche, Frank Otfried July, die Christen zum Engagement gegen Hunger, Armut und wirtschaftliche Ausbeutung auf. Es brauche Veränderungen in der Welt, um Gottes Fülle sichtbar zu machen, sagte July in einem Festgottesdienst in der Stiftskirche. July erinnerte an die in der vergangenen Woche in Stuttgart verabschiedete Vergebungsbitte der Lutheraner gegenüber den Mennoniten für die blutige Verfolgung im 16. Jahrhundert. Die kleine Freikirche der Mennoniten ist der Hauptzweig der Nachfahren der christlichen Täuferbewegung. Die älteste Mennoniten-Gemeinde entstand 1530 in Emden. In Niedersachsen bestehen heute sechs Gemeinden, hinzu kommen Neugründungen von Russlanddeutschen. Die Mennoniten erinnern mit ihrem Namen an den niederländisch-friesischen Theologen Menno Simons (um 1496-1561).

   Im neu gewählten Rat des Lutherischen Weltbunds sind künftig sechs Deutsche vertreten. Unter ihnen ist auch der hannoversche Oberlandeskirchenrat Rainer Kiefer (50). Der Rat wird künftig von Bischof Younan als neuem LWB-Präsidenten geleitet. Er umfasst 22 Männer und 26 Frauen. 28 Personen sind den Angaben zufolge ordiniert, zwanzig sind Laien. Der bisherige Weltbund-Präsident Hanson gehört ebenfalls dem Rat des Dachverbandes an.


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