Mi, 21.03.2012Landtag ebnet Behinderten den Weg in Regelschule - Förderschulen in Niedersachsen bleiben weitgehend erhalten

Nach jahrelangem Tauziehen hat der niedersächsische Landtag ein wegweisendes Gesetz auf den Weg gebracht. Danach haben behinderte Kinder ein Recht, gemeinsam mit anderen unterrichtet zu werden. Die Eltern können frei entscheiden.

Hannover (epd). Der niedersächsische Landtag hat den Weg für eine gemeinsame Schule von behinderten und nicht behinderten Schülern frei gemacht. Eltern behinderter Kinder können ab dem Schuljahr 2013/2014 frei wählen, ob sie ihr Kind an eine Regelschule oder eine Förderschule schicken, beschloss das Parlament am Dienstag in Hannover mit den Stimmen von CDU, FDP und SPD. «Die Inklusion ist die größte bildungspolitische Herausforderung für die nächsten zehn Jahre in unserem Bundesland», sagte Kultusminister Bernd Althusmann (CDU).

Für dieses Ziel will das Land in diesem Zeitraum rund 44 Millionen Euro bereitstellen und 1.000 neue Lehrerstellen schaffen. Die schwarz-gelbe Landesregierung und die Opposition hatten jahrelang um einen Kompromiss zur Inklusion behinderter Schüler gerungen. Anfang März hatten sich die Regierungsfraktionen mit der SPD auf die neue Regelung verständigt. Sozialverbände begrüßten am Dienstag die Entscheidung des Landtags.

Nach dem neuen Gesetz sollen die bisherigen Förderschulen für behinderte Kinder und Jugendliche weitgehend erhalten bleiben. In äußersten Grenzfällen sollen behinderte Schüler jedoch auch gegen den Willen der Eltern auf eine Förderschule gewiesen werden. Dafür muss die Schule feststellen, dass das Kindeswohl gefährdet ist. Besonders an diesem Punkt entzündete sich die Kritik von Grünen und Linken. Die Grünen enthielten sich, die Linken stimmten gegen das Gesetz.

Um ein entsprechendes Angebot für behinderte Schüler zu gewährleisten, dürfen die Schulträger künftig Schwerpunktschulen bestimmen. In Klassen ab einer gewissen Größe sollen behinderte Kinder und Jugendliche doppelt gezählt werden, damit die Gruppen nicht zu groß werden. Grundschulen können schon in diesem Sommer mit der Inklusion beginnen. Förderschulen für Lernen, Sprache und soziale Entwicklung werden schrittweise abgeschafft. Schulen für seh-, hör- und körperbehinderte sowie geistig behinderte Kinder bleiben aber bestehen.

Für die CDU betonte Karl-Heinz Klare, die Inklusion an der Schule werde einen Prozess einleiten, der nach und nach alle gesellschaftlichen Bereiche erfassen werde: «Barrierefreiheit muss auch in den Köpfen stattfinden.» Frauke Heiligenstadt von der SPD sprach von einem «Paradigmenwechsel», der jetzt mit Leben erfüllt werden müsse. Ina Korter von den Grünen kritisierte dagegen, das Gesetz werde der UN-Behindertenrechtskonvention nicht gerecht. Es sei «Inklusion auf Probe».

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