Sa, 22.06.2013Kloster Loccum arbeitet Hexenprozesse auf

33 Menschen wurden vor 400 Jahren in und um Loccum wegen Hexerei hingerichtet. Das Kloster Loccum stellte sich jetzt diesem dunklen Kapitel seiner Geschichte. Die Prozesse werfen ein Licht auf Aberglauben und Justizmethoden überall in Deutschland.

Loccum/Kr. Nienburg (epd). Das Kloster Loccum bei Nienburg hat sich anlässlich seines 850-jährigen Bestehens mit den Hexenprozessen im 17. Jahrhundert beschäftigt. Sie gehörten zu den «bedrückenden Kapiteln der Klostergeschichte», hieß es bei einer Tagung am Sonnabend. Zwischen 1628 und 1658 wurden im Loccumer Stiftsbezirk 33 Menschen wegen vermeintlicher Hexerei hingerichtet. Der Loccumer Abt sei in dieser Zeit in staatlichem Auftrag tätig gewesen, sagte der Mainzer Historiker Johannes Dillinger am Rande der Tagung dem epd. «Das waren weltliche Prozesse, keine geistlichen.»

Der Braunschweiger Jurist und Rechtshistoriker Peter Beer sagte, der Glaube an Hexen, Magie und Zauberei habe vor 400 Jahren zum normalen Volksglauben hinzugehört. «Das Fatale war das Zusammentreffen von Aberglaube, Rechtssprechung und juristischem Wissen.» Beer hat sich eingehend mit den Akten der Loccumer Hexenprozesse beschäftigt.

Dem Rechtshistoriker zufolge gab es in jener Zeit 54 Verfahren, darunter fünf gegen Männer. Ihnen sei vorgeworfen worden, im Pakt mit dem Teufel zu stehen, um anderen zu schaden. Beer sprach von einer juristischen «Verwissenschaftlichung eines Aberglaubens». Dadurch sei ein «Verfolgungswille» geschaffen worden.

Laut Dillinger sind die Prozesse im kleinen Loccumer Bezirk mit drei Dörfern typisch für Deutschland. Hexenprozesse habe es überwiegend in Territorien mit schwach ausgeprägten Justizstrukturen gegeben. In anderen Territorien hätten die Beschuldigten die Prozesse mit viel Geld zu ihren Gunsten beeinflussen können.

Die Hexenprozesse seien in Mitteleuropa in Wellen verlaufen: «Wenn es den Leuten wirtschaftlich schlechtging, entwickelten sie ein Interesse an Hexenverfolgung.» Dahinter stehe häufig eine «aggressive Dorfbevölkerung». Der Volkszorn habe sich besonders gegen Menschen gerichtet, die in irgendeiner Weise «in Unfrieden mit der Gesellschaft gelebt haben».

Der Abt des Klosters Loccums und frühere hannoversche Landesbischof Horst Hirschler schreibt in einem Buch zum diesjährigen Klosterjubiläum, es habe sich damals um «kollektiv verdrehte Zeiten» gehandelt. «Wenn man die Akten liest, spürt man das Unheimliche, von dem in jenen Jahren der Stiftsbezirk durchwoben war.» Die vor Jahren in die Öffentlichkeit gebrachten Schriftstücke über die Prozesse dürften nicht vergessen werden.

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