Di, 16.07.2013Klettern, Drachenfliegen, Fußball: Wenn Kirche zu den Sportlern geht

Zum Kletter-Outfit von Jan Wendel gehört ein T-Shirt, auf dem groß «Jesus» steht. Wendel hat zwei Leidenschaften verbunden: Er ist Funsportler und Pastor. Über das Hobby kommt er mit Menschen ins Gespräch - auch über den Glauben

Bad Essen/Kr. Osnabrück (epd). Wenn Jan Wendel sich an der Kletterwand mit den bunten Plastikgriffen entlanghangelt, sieht das leicht und selbstverständlich aus. Wenn der 31-Jährige über seinen christlichen Glauben spricht, klingt das ebenso. Wendel hat zwei seiner Leidenschaften miteinander verbunden und zum Beruf gemacht. Das Training in der Kletterhalle in Bad Essen bei Osnabrück ist Teil seines Jobs. Er ist Funsportler, Pastor und Sportmissionar bei der christlichen Organisation «SRS - Sportler ruft Sportler».

Der evangelisch-freikirchliche Verein mit Sitz in Altenkirchen bei Koblenz bietet seit knapp 40 Jahren bundesweit Sportcamps an und hat mehr als 600 vor allem junge Mitglieder, Tendenz steigend. Wendel interessierte sich als Jugendlicher nicht für Sonntagsgottesdienste und Gemeindefeste - er wollte Action. «Bei SRS habe ich Christen kennengelernt, die sind mit mir snowboarden und klettern gegangen.»

Vor allem Freikirchen suchen über den Sport die Nähe zu den Menschen - mit zunehmendem Erfolg. Davon könnten katholische Bistümer und evangelische Landeskirchen durchaus lernen, meint der katholische Theologe Matthias Sellmann. «Wir Berufschristen sind immer so seltsam ernst. Wir gelten als menschenscheu, behäbig und wenig lustbetont.» Freude und Begeisterung kämen in der Verbindung mit einem Hobby authentischer zum Ausdruck.

«Wir müssen auf die Bühne der anderen steigen und einfach mitmachen», fordert der Professor der Uni Bochum. Der Sport eigne sich dafür besonders, weil er Parallelen zur Religion aufweise.
Sportler folgten einer Berufung und würden als Vorbilder verehrt: «Ein Bundesliga-Profi wie Cacau, der nach seinem Tor mit einem Blick zum Himmel Gott dankt, erreicht mehr Menschen als der Papst», sagt Sellmann, der unter anderem über Fußball und Popkultur aus religionssoziologischer Sicht forscht.

Jan Wendel trägt Basecap, kurze Hose, Skaterschuhe und einen Ring in der Augenbraue. Auf seinem schwarzen T-Shirt prangt ein Bibelspruch: «Jesus gives me the power to face anything. - Jesus gibt mir die Kraft, allem ins Auge zu sehen.» In den vergangenen 15 Jahren hat er alle Fun-Sportarten ausprobiert: Klettern, Snowboarden, Wellenreiten, Drachensurfen, Skateboarden, Mountainbiken. Heute ist der Familienvater beim Bouldern gelandet, dem Klettern ohne Seilsicherung an maximal vier Meter hohen Wänden.

Vor fünf Jahren wurde der ehemalige Elektriker nach einer theologischen Ausbildung bei SRS als Sportmissionar angestellt. Vor kurzem hat er eine Funsport-Bibel herausgebracht. Außer dem Neuen Testament sind dort Lebensgeschichten von christlichen Sportlern zu lesen. «Ich liebe Sport, und ich liebe Jesus. Warum sollte ich das trennen?»

So sieht es auch Carsten Hokema aus Oldenburg. Der Pastor der Freikirche der Baptisten zieht seit ein paar Jahren mit einer aufblasbaren Kirche und einem Fundus an Lenkdrachen über die Drachenfestivals der Republik. In der Szene ist der 46-Jährige längst bekannt wie ein bunter Hund - als Christ und Drachensport-Experte.
Jeder kann sich bei ihm kostenlos einen Drachen leihen. Und er ist zum Reden da - über Drachen oder über Gott und die Welt. Woran sein Gegenüber glaubt, spielt dabei keine Rolle.

Auch Jan Wendel drängt anderen seine Botschaft nicht auf. Wer danach fragt, bekommt eindeutige Antworten. Während der Sportcamps hält er Andachten. Ansonsten zählt die Beziehungsarbeit: Da sein, aufmerksam sein, zuhören. Einer habe mal zu ihm gesagt: «Ich hab kein Bock auf eure Andachten. Aber ich find's cool, mit euch abends zusammen zu sitzen und zu reden.»


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