Mi, 10.10.2012Kirche und Minister begrüßen Kabinettsbeschluss zur Beschneidung

Hannover (epd). Politiker und Religionsvertreter haben den am Mittwoch von der Bundesregierung gebilligten Entwurf für ein Beschneidungsgesetz begrüßt. Niedersachsens Justizminister Bernd Busemann (CDU) sagte in Hannover, die Entscheidung des Kabinetts schaffe Rechtssicherheit für Juden und Muslime. Die Beschneidung von Jungen werde so auch in Zukunft unter Einhaltung medizinisch-fachlicher Regeln möglich sein: «Ich glaube, hier haben wir ein Ergebnis, mit dem alle gut leben können.» Aus Sicht der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) stellt der Entwurf klar, dass die Entscheidung jüdischer und muslimischer Eltern zur Beschneidung eines Sohnes Teil der elterlichen Sorge ist. Die angestrebte gesetzliche Regelung entspreche der jahrzehntelangen Rechtspraxis in der Bundesrepublik, sagte der Präsident des EKD-Kirchenamtes in Hannover, Hans Ulrich Anke. Der Gesetzesvorschlag berücksichtige, dass es zur elterlichen Sorge gehöre, ein Kind in das religiöse Leben der Familie hinein zu nehmen. Zugleich ziehe er die notwendigen Grenzen für den Schutz des Kindes. Mit dem Gesetzentwurf aus dem Bundesjustizministerium im Auftrag des Bundestages reagiert die Politik auf ein Urteil des Kölner Landgerichts. Die kleine Strafkammer des Gerichts hatte Ende Juni die Beschneidung eines muslimischen Jungen als Körperverletzung gewertet und damit für Rechtsunsicherheit bei Juden und Muslimen gesorgt. In beiden Religionen gehört die Entfernung der Vorhaut bei Jungen zur Tradition. Nach dem Gesetzentwurf bleibt Beschneidung in Deutschland erlaubt. Voraussetzung ist, dass die Regeln der ärztlichen Kunst eingehalten werden. Eltern müssen sich außerdem über die Risiken des Eingriffs aufklären lassen. Der Entwurf macht die religiöse Motivation nicht zur Bedingung. Trotzdem wird die besondere jüdische Praxis berücksichtigt, wonach der Eingriff häufig von einem Beschneider vorgenommen wird. Der Berliner Staatsrechtler Professor Christian Waldhoff wertete das Kölner Urteil rückblickend als juristischen Fehler. «Es ist vermutlich ein Fehlurteil eines Untergerichtes, das nicht korrigiert werden konnte, weil keine Rechtsmittel eingelegt werden konnten», sagte er bei einer Diskussion der Leibniz-Universität Hannover. Eine religiöse Beschneidung sei nicht als Körperverletzung anzusehen, weil die Eltern stellvertretend für das Kind ihre Einwilligung gäben. Das sei inzwischen juristischer Konsens. Für den Zentralrat der Juden in Deutschland sagte der niedersächsische Verbandsvorsitzende Michael Fürst, das Kölner Urteil habe eine «hysterische Debatte» mit antisemitischen Zügen entfacht. «Aus einem winzigkleinen Stückchen Haut wurde ein riesiges Problem.» In keinem Land der Welt sei die religiöse Beschneidung verboten. Nur in Deutschland meinten einige, dies ändern zu müssen. «Selbst im Dritten Reich gab es kein Verbot der Beschneidung.» Fürst und Waldhoff begrüßten den Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums.

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