Sa, 23.07.2011Kinderschützer kritisieren Pläne der Justizministerin zur Sicherungsverwahrung

Osnabrück (epd). Vor dem Hintergrund des Streits um eine Neuregelung der Sicherungsverwahrung gefährlicher Straftäter fordern Kinderschützer einen Krisengipfel im Kanzleramt. Der Vorsitzende der Deutschen Kinderhilfe, Georg Ehrmann, sagte in der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (Samstagausgabe), dass das Thema keinen Aufschub dulde: «Die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten der Länder müssen den Reformknoten durchschlagen.» Ein weiteres parteipolitisches Hickhack zwischen Bund und Ländern wäre unverantwortlich und würde absehbar zu weiteren Opfern führen.

Auch der Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers, warnte in der Zeitung davor, einen «politischen Streit auf dem Rücken schutzloser Kinder auszutragen». Er habe kein Verständnis dafür, dass Bund und Länder es nicht schafften, eindeutige gerichtliche Vorgaben für eine Reform der Sicherungsverwahrung kurzfristig umzusetzen, kritisierte Hilgers.

Ehrmann sagte weiter, «die jüngsten Fälle sexuell missbrauchter Mädchen aus Dortmund und Münster durch entlassene Sicherungsverwahrte belegen, dass wir beim Schutz der Bevölkerung eklatante Sicherheitslücken haben». Das Eckpunktepapier von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) zur Sicherungsverwahrung hält er für völlig unzureichend: «Die Ministerin neigt als ehemalige Strafverteidigerin offensichtlich eher zur Wahrung der Rechte des Täters als zum Opferschutz.» Der Entwurf trage nicht ansatzweise dem Gefährdungspotenzial Rechnung, das für die Bevölkerung von überwiegend nicht therapierbaren Tätern ausgehe.

Dem zwölfseitigen Papier zufolge sollen die Rechte der Straftäter in der Sicherungsverwahrung gestärkt werden. Damit sollen die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt werden, das die bisherigen Vorschriften im Mai gekippt hatte. Die Eckpunkte sehen unter anderem vor, dass Straftäter, die für eine Sicherungsverwahrung infrage kommen, schon während der Haft «individuell und intensiv» psycho- und sozialtherapeutisch betreut werden müssen. Ansonsten darf der Betroffene nicht in Sicherungsverwahrung genommen werden. In jedem Fall müsse ein Gutachter die anhaltende Gefährlichkeit des Häftlings am Ende seiner Haftzeit nochmals bestätigen, ehe eine Sicherungsverwahrung vollstreckt werden kann, heißt es. Therapie- und Betreuungsangebote sollen Sicherungsverwahrte künftig auch gerichtlich durchsetzen können.

In der Praxis soll die Sicherungsverwahrung den Eckpunkten zufolge «so wenig wie möglich belastend» und den «allgemeinen Lebensverhältnissen angepasst» sein. Es solle «möglichst früh» Vollzugslockerungen wie Freigang oder Urlaub geben. Außerdem solle in kürzeren Abständen als bisher, zum Beispiel bei jährlichen Kontrollen, gerichtlich geprüft werden, ob eine Sicherungsverwahrung beendet werden kann. Wer zehn Jahre oder länger untergebracht ist, soll alle sechs Monate begutachtet werden.

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