Mi, 14.12.2011Kinderhilfe und Ärztekammer uneins über Kinderschutzgesetz

Osnabrück (epd). Die Deutsche Kinderhilfe hat die Einigung von Bund und Ländern auf ein neues Kinderschutzgesetz scharf kritisiert. Der Vorsitzende Georg Ehrmann sprach in einem Interview mit der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (Mittwochausgabe) von einem «beschämenden Kompromiss», der den Schutz von Kindern vor Gewalt und Missbrauch kaum verbessere. So fehlten verbindliche Vorgaben zur Qualifikation von Familienhebammen. Die Ärztekammer Niedersachsen dagegen lobte den Entwurf.

Er stelle die Finanzierung von Familienhebammen durch den Bund mit 30 Millionen Euro jährlich langfristig sicher, sagte der Vizepräsident der Ärztekammer, der Meller Kinderarzt Gisbert Voigt, am Mittwoch. Diese frühen Hilfen für bedürftige Eltern hätten sich bewährt und seien weiterhin dringend notwendig.

Niedersachsen habe eine Vorreiterrolle beim bundesweiten Familienhebammen-Projekt. Die Aufgabe von Familienhebammen bestehe darin, Familien in schwierigen Lebenssituationen sechs Monate nach der Geburt eines Kindes zu begleiten. In rund 40 niedersächsischen Kommunen seien zurzeit mehr als 200 ausgebildete Familienhebammen tätig. 2011 habe Niedersachsen als erstes Bundesland eine staatlich anerkannte Weiterbildung zur Familienhebamme eingeführt.

Die Kinderhilfe hingegen bemängelte außerdem, in dem Gesetz sei kein effektiver Informationsaustausch zwischen Hebammen, Kinderärzten, Jugendämtern, Schulen und Polizei vorgesehen. Zudem dürften ehrenamtliche Trainer und Betreuer weiter ohne Vorlage eines Führungszeugnisses mit Kindern arbeiten, sagte ihr Vorsitzender Ehrmann. Behinderte würden mit dem neuen Gesetz zu «Kindern zweiter Klasse gemacht». Der Schutz behinderter Kinder vor Gewalt und Missbrauch in Heimen sei nach wie vor völlig unzureichend.

Ehrmann forderte den Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag auf, «den faulen Kompromiss von Union und SPD zu stoppen». Beide Parteien hatten sich am Montag auf eine Korrektur des ursprünglichen Gesetzesentwurfs geeinigt. Diesem hatte der Bundesrat vor einigen Wochen die Zustimmung verweigert. Streitpunkt war vor allem, wie die Familienhebammen finanziert werden sollen. Am Freitag stimmt der Bundesrat erneut ab.

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