Do, 02.01.2014«Jedes Kind braucht einen Engel» - Immer mehr Ehrenamtliche unterstützen Schüler beim Lernen

In ganz Deutschland kümmern sich unzählige Ehrenamtliche um Schulkinder - als Betreuer bei den Hausaufgaben, Lesepaten oder Mentoren. In Osnabrück helfen die «Engel» der evangelischen Petruskirche mit warmem Essen und Unterstützung beim Lernen.

Osnabrück/Berlin (epd). Robert wohnt mit seiner Familie seit zwei Jahren am Stadtrand von Osnabrück. Vorher hat er in einem Dorf in der Nähe von Danzig in Polen gelebt. Der Neunjährige geht in die dritte Klasse. Die Schule gefällt ihm. «Ich habe schon viele Freunde.» Sein Deutsch ist schon ganz gut - bis auf die Feinheiten. Nach der Schule geht er wenige Hundert Meter weiter ins Gemeindehaus der Petruskirche. Dort erwarten ihn und 24 weitere Kinder jeden Mittag die «Engel» der evangelischen Petrusgemeinde.

Seit Ende 2008 gibt es dort das Projekt «Jedes Kind braucht einen Engel». Rund 25 Ehrenamtliche bewirten die Grundschüler mit Mittagessen und helfen ihnen bei den Hausaufgaben - ehrenamtlich. «Wir sind für die Schüler da, die sonst mittags allein zu Hause wären oder deren Eltern sie nicht unterstützen können», sagt Projektleiter Jörg-Christian Lindemann.

Der Diakon und sein Kindergottesdienst-Team hatten genug vom Lamento über Bildungsverlierer aus armen Familien. Sie organisierten 13 Ehrenamtliche und boten für Grundschulkinder ein Mittagessen mit Hausaufgabenbetreuung im Gemeindehaus an. Am Anfang kamen zweimal pro Woche zwei Kinder. Nach nicht mal einem halben Jahr standen 20 vor der Tür.

Mittlerweile sind die «Engel» an vier Wochentagen für maximal 24 Kinder im Einsatz. Darunter sind Kinder von Migranten, deren Eltern nicht oder nur schlecht Deutsch sprechen sowie Kinder berufstätiger Eltern und aus sozial schwachen und bildungsfernen Familien. Die Einrichtung versteht sich als Ergänzung zum Schulhort, betont der Diakon: «Unsere Schwelle ist noch niedriger. Manche Eltern wissen gar nichts vom Hort oder haben Bedenken, die Kinder dort anzumelden.»

So wie in der Osnabrücker Petruskirche gibt es nach Angaben der Berliner Bundesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen in ganz Deutschland unzählige Ehrenamtliche, die sich um Schulkinder kümmern - als Betreuer bei den Hausaufgaben, Lesepaten oder Mentoren: «Seit Pisa sind solche Initiativen geradezu aus dem Boden geschossen», sagt die stellvertretende Geschäftsführerin Birgit Weber.

Die Osnabrücker Pädagogik-Professorin Claudia Solzbacher hält diese Initiativen für außerordentlich wichtig. Dabei sei weniger die fachliche als vielmehr die emotionale Komponente entscheidend. «Jedes Kind braucht jemanden, der sich mit ihm wohlwollend hinsetzt, Interesse zeigt, lobt, auch mal nur quatscht», sagt Solzbacher, die unter anderem zur Selbstkompetenzentwicklung von Kindern forscht: «Dann kommen die positiven Emotionen, die Kinder stark machen und sie erst in die Lage zum Lernen versetzen.» Das könnten Eltern, Paten, Mentoren oder andere Bezugspersonen sein.

So ähnlich ist es auch bei Robert. Mit Mathe hat er eigentlich keine Probleme. Aber mit der Motivation hapert es manchmal. «Die nächste Aufgabe kann ich jetzt aber wirklich nicht», sagt er jedes Mal, wenn er eine geschafft hat.« Marion Meltebrink ist keine ausgebildete Pädagogin. Aber mit ruhigen Worten gibt sie ihm immer wieder einen kleinen Schubs. Sie gehört zu den Initiatoren des Projekts und koordiniert die Arbeit der Ehrenamtlichen. »Meine beiden Kinder sind gut durch die Schulzeit kommen. Deshalb will ich anderen helfen, dass es ihnen ebenso ergeht."

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