Mi, 20.06.2012Hartz-IV-Paket auch für behinderte Kinder in Tagesbildungsstätten - Kläger aus Ostfriesland bekommt Recht

Leer/Kassel (epd). Geistig behinderte Kinder können bei einem Besuch einer Tagesbildungsstätte Anspruch auf das vom Jobcenter gezahlte Bildungs- und Schulstarterpaket haben. Die ausschließlich in Niedersachsen bestehenden Tagesbildungsstätten sind in diesem Punkt als allgemeinbildende Schulen zu betrachten, so dass das Jobcenter auch hier für den Schulbedarf aufkommen muss, urteilte am Dienstag das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (AZ: B 4 AS 162/11 R). Es komme dabei nicht darauf an, ob an der Schuleinrichtung ein allgemeinbildender Schulabschluss möglich ist.

In dem Rechtsstreit ging es um das zum 1. August 2009 eingeführte sogenannte Schulstarterpaket in Höhe von 100 Euro je Schuljahr, das Kinder aus Hartz-IV-Familien erhalten können. Mit der Leistung sollten Eltern die Kosten für Stifte, Schulranzen oder auch Bücher decken. Bedingung ist, dass das Kind eine «allgemeinbildende Schule» besucht.

Der 1997 geborene geistig behinderte Kläger aus dem Landkreis Leer besuchte jedoch eine sogenannte Tagesbildungsstätte. Bei dieser teilstationären Einrichtung werden die geistig behinderten Kinder nicht von Lehrern, sondern von Sonderpädagogen oder Ergo- und Heiltherapeuten betreut.

Seinen Antrag auf das Schulstarterpaket lehnte der Landkreis jedoch ab - anders als bei seiner behinderten Schwester, die eine Förderschule besuchte. Die Tagesbildungsstätte sei keine «allgemeinbildende Schule». Dem widersprach das Bundesgericht. Auf den Schulabschluss komme es nicht an. Entscheidend sei, dass die geistig behinderten Kinder ihrer Schulpflicht nachkommen. Es würde außerdem gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstoßen, wenn das Schulstarterpaket an den Besuch bestimmter Schulformen geknüpft werde.

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