Fr, 11.01.2013Hannoverscher Diakoniedirektor: Deutliche Fehler bei Ausgestaltung des Dritten Weges

epd-Gespräch: Ulrike Millhahn

Hannover (epd). Der hannoversche Diakoniedirektor Christoph Künkel hat deutliche Fehler bei der Ausgestaltung des kirchlichen Weges im Arbeitsrecht eingeräumt. Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hatte Ende November in einem Grundsatzurteil zwar das Recht der Kirchen bestätigt, ihre Arbeitsverhältnisse im sogenannten Dritten Weg selbst zu regeln. Gleichzeitig entschieden die Richter aber, dass kirchlichen Beschäftigten Streiks nicht generell verboten werden dürfen. Künkel sagte am Freitag im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd), die Diakonie habe sich viel zu lange auf der Arbeitgeberseite verortet.

«Als Diakonische Werke sind wir nicht Vertreter der Dienstgeber. Wir haben Verantwortung für die gesamte Diakonie», betonte Künkel. Deshalb führe die Diakonie in Niedersachsen seit drei Jahren sowohl Gespräche mit dem Dienstgeberverband als auch mit der Mitarbeitervertretung. Mitarbeitende müssten auch in den Aufsichtsratsgremien der diakonischen Einrichtungen präsent sein. Das ist Künkel zufolge zwar oft der Fall, aber bisher nicht institutionalisiert.

Außerdem sei es falsch gewesen, dass die Arbeitsrechtlichen Kommissionen zum Teil Abschlüsse definiert hätten, die für einige Träger nicht finanzierbar gewesen seien: «Während sich 80 Prozent der Dienstgeber an die Abschlüsse hielten, sind 20 Prozent ausgeschert, um im Markt zu bleiben», sagte Künkel. Die Verbindlichkeit der Abschlüsse sei im Vergleich zu anderen Anbietern sehr hoch, aber genüge nicht den eigenen Maßstäben. Die Ausgliederung von Servicebetrieben oder Leiharbeit müsse unterbunden werden, auch wenn ihr Anteil weit überschätzt worden sei. Die Quote für Leiharbeit liege zurzeit bundesweit bei 6,5 Prozent.

Weiter forderte der Diakoniechef von den Kirchen eine konkrete Definition der sogenannten Dienstgemeinschaft. «Wenn das in Beschwörungsformeln mündet wie 'Gott kann man nicht bestreiken', dann wird es lächerlich.» Der Begriff sei theologisch nicht definiert worden: «Annäherungen sind immer nur als Rechtfertigung passiert, etwa wenn ein Gericht eine Stellungnahme verlangte.»

Die Beteiligten hätten sich jedoch nie über das Wesen des Dritten Weges verständigt: «Man hat sich schlicht nicht gekümmert, weil alles automatisch lief - solange eben das nötige Geld da war», kritisierte der evangelische Theologe: «Es war auch ein Augenschließen und nicht Wahrhabenwollen der Situation.»

Die Herausforderung sei jetzt, Gespräche mit den Gewerkschaften zu führen, unterstrich Künkel. Die Erfurter Richter hatten auch eine Beteiligung der Gewerkschaften bei den Verhandlungen über die Arbeitsbedingungen und Gehälter verlangt. «Ich bin gespannt darauf, was sie als Bedingungen formulieren», sagte der Direktor: «Wir müssen jetzt das, was uns die Richter ins Stammbuch geschrieben haben, gemeinsam mit den Gewerkschaften auf den Weg bringen.» Das Ziel bleibe ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag Soziales.

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