Mi, 12.03.2014Gewerkschaften und Diakonie vereinbaren Tarifverhandlungen - EKD und Sozialministerin begrüßen niedersächsische Einigung

Bis zum Bundesarbeitsgericht in Erfurt stritten Diakonie und Gewerkschaften über das Streikrecht. Nun haben beide Seiten in Niedersachsen einen Kompromiss gefunden. Als Partner wollen sie für höhere Löhne in der Sozialbranche kämpfen.

Hannover (epd). Nach jahrelangem Streit haben sich die evangelische Diakonie sowie die Gewerkschaften ver.di und Marburger Bund in Niedersachsen auf Tarifverhandlungen geeinigt. Zugleich streben sie einen verbindlichen landesweiten «Tarifvertrag Soziales» für alle rund 425.000 Beschäftigten in der Sozialbranche an. Kirchen, Diakonie und Gewerkschaften unterzeichneten am Mittwoch in Hannover eine entsprechende Vereinbarung über eine Sozialpartnerschaft. Sie setzen damit erstmals in Deutschland Vorgaben des Bundesarbeitsgerichtes aus dem Jahr 2012 um und beenden einen Konflikt um das Streikrecht.

Die Einigung kann nach Angaben aller Beteiligten bundesweite Signalwirkung haben. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und die Diakonie Deutschland begrüßten die Einigung. Ver.di-Landesbezirksleiter Detlef Ahting sagte, es sei ein guter Tag für die Beschäftigten in der Diakonie und Pflege: «Wir haben ein kleines Stück Geschichte geschrieben.»

Bisher waren die Gewerkschaften von den Verhandlungen ausgeschlossen - die Tarife für rund 30.000 Beschäftigte in der Diakonie wurden in einer internen Kommission festgelegt. Künftig sollen «kirchengemäße Tarifverträge» vereinbart werden. Für die landeskirchlich Beschäftigten in Niedersachsen ändert sich dagegen nichts.

Landesbischof Ralf Meister sagte, die Bedeutung der Einigung reiche weit über die Diakonie hinaus. Es gehe darum, einen «generell ruinösen Wettbewerb» in der Sozialbranche zu unterbinden.

Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt (SPD) sagte, vor allem in der Pflege sei ein «vernünftiger Tariflohn» nötig: «Ohne gerechte Bezahlung werden wir bei stetig steigendem Bedarf auf Dauer keine Fachkräfte gewinnen und die wohnortnahe Versorgung der Menschen aufrechterhalten können.»

Für die Ärztegewerkschaft Marburger Bund betonte der niedersächsische Geschäftsführer Sven de Noni, die Einigung gehe aus seiner Sicht noch nicht weit genug. Er verwies auf ein noch ausstehendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Streikrecht in der Diakonie.

Mögliche Streiks wollen beide Seiten durch ein verbindliches Schlichtungsverfahren umgehen, erläuterte Jörg Antoine vom Vorstand der Diakonie. Die Verhandlungen über «kirchengemäße Tarifverträge» könnten noch vor der Sommerpause beginnen und bis zum Jahresende abgeschlossen sein.

Die EKD erklärte, das niedersächsische Modell könne sich als «gute und tragfähige Lösung erweisen». Es nutze Spielräume, auf die sich die EKD-Mitgliedskirchen und die bundesweite Diakonie verständigt hätten, sagte Oberkirchenrat Detlev Fey. Positiv sei auch die Absicht, sich für allgemeinverbindliche Löhne auf Diakonie-Niveau einzusetzen: «Dies kann einem Lohndruck nach unten entgegenwirken.»

Diakonie-Präsident Johannes Stockmeier sagte in Berlin, bundesweit gesehen gebe es zwei Modelle: Tarifverträge auf kirchengesetzlicher Grundlage und Beschlüsse in Arbeitsrechtlichen Kommissionen. «Wir haben zwei Straßen gebaut. Wir sind froh, dass nun beide befahren werden.»


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