Di, 25.09.2012Gewerkschaft kämpft für Tarifvertrag in Sozialbranche - Diakonie will weiter an Sonderweg festhalten

Hannover (epd). Die Gewerkschaft ver.di will für einen flächendeckenden Tarifvertrag für die gesamte Sozialbranche in Niedersachsen kämpfen. «Wir streben einen Tarifvertrag für mehr als 200.000 Beschäftigte an, der die Löhne und Arbeitsbedingungen normieren soll», sagte Fachleiter Joachim Lüddecke am Dienstag in Hannover bei einer Tagung mit Betriebsräten und Mitarbeitervertretern aus der Diakonie. Ein solcher Vertrag wäre laut ver.di zugleich ein Signal für ganz Deutschland.

Der Tarifvertrag Soziales soll unter anderem für rund 97.000 Arbeitnehmer in der Altenhilfe, 40.000 in der Behindertenhilfe und 36.000 in Kindertagesstätten gelten. Hinzu kommen Rettungsdienste, Sozialberatungen sowie die Kinder- und Jugendhilfe. Auf diese Weise will ver.di einen «Mindestlohn auf hohem Niveau» erreichen. Eine «Schmutzkonkurrenz» mit Tarifdumping müsse verhindert werden, sagte Lüddecke: «Die Konkurrenz wird ausschließlich auf dem Rücken der Pflegekräfte ausgetragen.» Darunter leide auch die Qualität der Pflege.

Das angestrebte Ziel könne nur erreicht werden, wenn die Diakonie als einer der größten Sozialverbände und Arbeitgeber mitziehe, betonte Lüddecke. Das Sozialwerk der evangelischen Kirche beschäftigt in Niedersachsen allein rund 50.000 Mitarbeiter. «Wenn es gelingt, in der Diakonie einen Durchbruch zu erzielen, kommt Dynamik in die Sache.» Lüddecke verwies auf das Beispiel Österreichs, wo sich Diakonie und Caritas an einem landesweiten Tarifvertrag für fast alle Arbeitnehmer der Sozialbranche beteiligten.

Diakonie-Direktor Christoph Künkel begrüßte das Ziel, das Lohnniveau bei sozialen Berufen anzuheben: «Es muss dem Wert der Arbeit entsprechen.» Er schlug jedoch einen anderen Weg vor: Ver.di solle den Sonderweg von Diakonie und Caritas im Arbeitsrecht anerkennen. Durch eine Rechtsänderung im Tarifvertragsgesetz könne dann das von der Gewerkschaft ausgehandelte Lohnniveau gemeinsam mit dem der kirchlichen Sozialverbände für allgemeinverbindlich erklärt werden, weil es für mehr als 50 Prozent aller Beschäftigten gelte.

In der Diakonie werden die Entgelte nicht durch klassische Tarifverträge festgelegt, sondern von Arbeitnehmern und Arbeitgebern in einer paritätisch besetzten Kommission ausgehandelt. Streik und Aussperrung sind dabei ausgeschlossen. Rechtsgrundlage ist das kirchliche Selbstbestimmungsrecht. Dieses System habe zu einem hohen Lohnniveau geführt, bekräftigte Künkel. «Diese guten Erfahrungen und Ergebnisse werden wir nicht aufgeben.»


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