Mo, 01.10.2012Geringes Wissen über deutsche Teilung bei Jugendlichen

Helmstedt/Marienborn (epd). Der Leiter der Gedenkstätte Deutsche Teilung in Marienborn bei Helmstedt, Sascha Möbius, hat neue Formen der Auseinandersetzung mit der jüngeren deutschen Vergangenheit angemahnt. In weiten Teilen der Gesellschaft werde die deutsche Teilung als überwunden und als abgeschlossenes Kapitel der Geschichte gesehen, sagte der Historiker am Montag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Aufgabe der Geschichtsvermittlung sei es, auf die vielen, heute noch die Gesellschaft formenden Entwicklungen während des Kalten Kriegs hinzuweisen, «gerade, wo diese unbewusst noch unseren Alltag prägen».

Als Beispiele nannte Möbius die Trennung von Familien durch die Grenze und die aufgebauten Feindbilder, die zuweilen noch unterschwellig wirkten. Für Mittwoch wird anlässlich des Tages der Deutschen Einheit zum 20. «Ökumenischen Bittgottesdienst» in die Gedenkstätte eingeladen. Die ehemalige Grenzübergangsstelle zwischen Niedersachsen und Sachsen-Anhalt und Helmstedt war die größte innerhalb Deutschlands.

Möbius zufolge ist das Interesse der Jugend an Grenze und DDR-Geschichte groß, die Kenntnisse seien jedoch gering. Die Ursachen dafür seien vielfältig. Zwar stamme das Wissen zumeist aus dem Schulunterricht. Dass es trotzdem noch sehr gering sei, könne aber weniger den Lehrkräften angelastet werden. Der Mangel liege eher an dem geringen Stellenwert, den Geschichtsunterricht in den meisten Bundesländern habe.

Auch spiele Geschichte im Elternhaus und im sozialen Umfeld der Schüler oft nur eine geringe Rolle, betonte der Leiter der Gedenkstätte. Eng damit verbunden sei der Umstand, dass für die nach 1989 aufgewachsenen Menschen ganz andere Denkweisen über Geschichte und die Bedeutung bestimmter Ereignisse vorherrschten als unter der immer noch vom Kalten Krieg geprägten Generation, die heute Geschichte schreibe und vermittle. Hier müsse ein gegenseitiger Lernprozess einsetzen. Allein das Nichtwissen der Jugendlichen zu kritisieren, reiche in keiner Weise aus, sagte Möbius.

Die Besucherzahlen der Gedenkstätte in Marienborn schwankten zwischen 166.000 im Jahr 2007 und 190.000 im Jahr 2009 und sprechen laut Möbius «für ein anhaltend hohes Interesse an der Geschichte der deutschen Teilung». Sicherlich seien es geschätzt mehr Menschen aus dem Westen als aus den östlichen Bundesländern. Dies liege vor allem daran, dass sehr viele Besucher den Ort wiedersehen wollten, den sie als Transitreisende von und nach Westberlin vor 1989 kennengelernt hätten.


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