Mi, 03.04.2013Forscher kritisiert deutsche Suchtpolitik

Hannover/Frankfurt (epd). Der Frankfurter Suchtforscher Heino Stöver hat die Sucht- und Drogenpolitik in Deutschland als rückständig kritisiert. «Wir betreiben eine Vogelstrauß-Politik», sagte er am Mittwoch in Hannover. Die Politik müsse den Drogenhandel stärker regulieren und zugleich den Umgang mit Suchtkranken modernisieren. «Suchtprobleme sollten gesundheitspolitisch angegangen werden, und nicht strafrechtlich», sagte der geschäftsführende Direktor des Instituts für Suchtforschung der Fachhochschule Frankfurt am Main.

«Einmal im Jahr beklagen wir zeremoniell die Drogentoten», kritisierte Stöver bei einer Fachtagung der Friedrich-Ebert-Stiftung. «Aber mit vielen kleinen Schritten können wir diese Zahl jetzt schon schnell senken.» Dazu zählte er etwa eine kontrollierte Abgabe von Spritzen in Justizvollzugsanstalten, damit sich süchtige Häftlinge nicht noch über verunreinigte Spritzen infizierten.

Die deutschen Drogenpolitik müsse zudem die Wissenschaft mehr einbinden: «Bis jetzt wird kaum untersucht, welchen Nutzen das eingesetzte Geld überhaupt hat.» Forscher sollten klären, wie effizient die bisherigen Präventionsmaßnahmen seien, regte der Wissenschaftler an. Ein weiteres Problem sei die sinkende Zahl von Ärzten, die Drogenersatztherapien anbieten.

Die niedersächsische Sozialministerin Cornelia Rundt (SPD) betonte, die Zahl der Drogentoten sei sowohl in Niedersachsen wie auch bundesweit gesunken. Niedersachsen habe ein gutes ambulantes und stationäres Suchthilfesystem. Trotzdem bestehe weiterhin großer Handlungsbedarf, um vor allem Kinder und Jugendliche vor Suchtkrankheiten zu schützen. «Eine moderne Drogenpolitik muss sich auch um Modedrogen sowie Spiel- und Onlinesucht kümmern», sagte die Politikerin.

Pressestelle

Kann die Pressestelle etwas für Sie tun? Hier finden Sie den Kontakt zu uns.