Di, 15.11.2011Flüchtlingsrat kämpft für Rückkehr der abgeschobenen Familie aus Vietnam

Hoya/Kr Nienburg (epd). Mit einer Mail-Aktion kämpft der niedersächsische Flüchtlingsrat für die Rückkehr einer abgeschobenen vietnamesischen Flüchtlingsfamilie aus Hoya bei Nienburg. Bürger sollten sich direkt an Ministerpräsident David McAllister und Innenminister Uwe Schünemann (beide CDU) wenden, heißt es in einem Aufruf vom Dienstag. «Die Abschiebung der Familie Nguyen zeugt erneut und auf entsetzliche Weise von der Gnadenlosigkeit der niedersächsischen Flüchtlingspolitik», formuliert der Flüchtlingsrat seinen Vorschlag für ein Protestschreiben.

Darin wird gefordert, «dass die vorbildlich integrierte Flüchtlingsfamilie mit ihren Kindern Esther und Andre umgehend wieder zurück zu ihrer Tochter/Schwester Ngoc Lan nach Niedersachsen zurückkehren kann». Das Land solle seine Politik korrigieren, statt die Ausländerbehörden der Landkreise weiter unter Druck zu setzen und zu rücksichtslosen Abschiebungen anzuhalten. Langjährig im Land lebende Flüchtlinge sollten ein humanitäres Aufenthaltsrecht erhalten.

Die Familie Nguyen war vor einer Woche frühmorgens von der Polizei aus ihrer Wohnung in Hoya bei Nienburg geholt worden. Sie wurde nach Frankfurt gebracht und von dort nach Vietnam ausgeflogen. Die 20-jährige Tochter, die ein Aufenthaltsrecht besitzt, blieb allein zurück. Die Familie lebte seit 19 Jahren in Deutschland. Der Vater arbeitete in einer Baumschule.

Unterdessen hat auch der frühere Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichtes, Ernst-Gottfried Mahrenholz, scharfe Kritik an der Abschiebung geäußert. Er wirft Innenminister Schünemann in der «Hannoverschen Allgemeinen Zeitung» die «Verleugnung von Prinzipien vor, die in der Bundesrepublik gelten und die er selbst für sein Handeln beansprucht». Es habe immer der Grundsatz gegolten: «Wer sich integriert, kann auch bleiben.»

Mahrenholz kritisierte auch den Umstand, dass der Fall der Familie zuletzt nicht in der Härtefallkommission des Landes verhandelt werden konnte, weil schon ein Termin für die Abschiebung feststand. Das sei «absurd», sagte der Jurist, der in den 1970er Jahren auch SPD-Kultusminister in Niedersachsen war: «Das ist eine Argumentation nach dem Muster: Die Hinrichtung steht schon fest, deshalb ist eine Begnadigung nicht möglich.» Auch die Kirchen hatten gefordert, diese Regelung zu ändern.

Bei einer Umfrage des Online-Portals ndr.de/niedersachsen sprachen sich 89,5 Prozent der Nutzer für eine Rückkehr der Familie aus. 10,5 Prozent hielten die Abschiebung für rechtlich korrekt. An der Befragung beteiligten sich nach NDR-Angaben mehr als 2.800 Nutzer.

Die in Hoya zurückgebliebene Tochter Ngoc Lan Nguyen sagte dem epd, ihren Eltern und Geschwistern gehe es in Vietnam sehr schlecht. Ihre neunjährige Schwester und ihr sechsjähriger Bruder sprächen kein Vietnamesisch. Sie seien nie zuvor in dem Land gewesen.


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