Do, 11.11.2010Evangelische Kirche fordert Chancengleichheit in der Bildung

Hannover (epd). Mit Kritik an den Regierungsplänen zur Gesundheitsreform und der Forderung nach mehr Bildungsgerechtigkeit ist am Mittwoch in Hannover die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zu Ende gegangen. Menschen mit geringem Einkommen, chronisch Kranke und Behinderte würden im Gesundheitssystem zusätzlich belastet, heißt es in einer Erklärung des Kirchenparlaments. Das stehe im Widerspruch zu einer solidarischen Gesellschaft, in der die Starken die Schwachen stützen. Zudem beschloss das Kirchenparlament, dass in den nächsten Monaten der Rat der EKD über ethische Fragen bei der Präimplantationsdiagnostik (PID) beraten soll.

   Mit der Gesundheitsreform würden Geringverdiener über den Zusatzbeitrag überproportional belastet, kritisierte das Kirchenparlament. Die paritätische Finanzierung durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die schon in der vorangegangenen Gesundheitsreform ausgehöhlt worden sei, stehe nun endgültig auf dem Spiel. Weitere soziale Verwerfungen seien zu befürchten. Die Gesundheitsreform soll am Freitag im Bundestag verabschiedet werden.

   In der einstimmig verabschiedeten Erklärung zur Bildungspolitik mit dem Titel «Niemand darf verloren gehen!» kritisiert die evangelische Kirche, es sei nicht hinnehmbar, dass immer noch die soziale Herkunft über den Bildungserfolg entscheidet. Für viele Kinder würden Chancen schon am Beginn ihres Lebens eingeschränkt. Das Kirchenparlament unterstrich die besondere Rolle frühkindlicher Bildung für Chancengleichheit und forderte das Recht eines jeden Kindes auf einen Platz in einer Kindertageseinrichtung.

   Zur Debatte über die PID bat die Synode den Rat der EKD um Prüfung, ob nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs die bisherige Position der Kirche beibehalten oder verändert werden sollte. Synodenpräses Katrin Göring-Eckardt sagte, viele Synodale bei der Tagung hätten sich zur PID nicht ausreichend informiert gefühlt. Ihnen sei es aber wichtig gewesen, zu einem kundigen Beschluss zu kommen, so dass das Thema in den Rat überwiesen worden sei.

   In einem Beschluss von 2003 hatte sich die EKD dafür eingesetzt, die genetische Untersuchung künstlich erzeugter Embryonen zu verbieten. Präses Schneider hatte sich dafür ausgesprochen, im Interesse von Eltern, die an schweren Erbkrankheiten leiden, die ethische Diskussion neu aufzunehmen. Bei der PID werden Embryonen vor ihrer Einpflanzung in den Mutterleib gentechnisch untersucht, um die Weitergabe genetischer Erbkrankheiten zu verhindern. Eine Neuregelung steht an, weil der Bundesgerichtshof im Juli das bisherige Verbot gekippt hatte.

   Das EKD-Jahrestreffen in Hannover endete am Abend mit einem Gottesdienst, bei dem die neue Führungsspitze der EKD eingeführt wurde. Nach dem Rücktritt Margot Käßmanns im Februar wird der rheinische Präses Nikolaus Schneider in den nächsten fünf Jahren die fast 25 Millionen Protestanten in Deutschland als Vorsitzender des Rates repräsentieren. Bei den Wahlen am Dienstag wurde außerdem der sächsische Landesbischof Jochen Bohl zu Schneiders Stellvertreter bestimmt.

   In seiner Predigt sagte Präses Schneider laut Redetext, die Kirche sollte sich nicht auf alte Antworten und Strukturen zurückziehen. Nach seinen Worten ist eine Kirche gefragt, die nach neuen Wegen sucht, sich fortschreitender Säkularisierung, demografischem Wandel und religiöser Vielfalt stellt.

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