Do, 20.11.2008Evangelische Kirche dringt auf Verbot kommerzieller Sterbehilfe

EKD warnt vor Liberalisierung bei ärztlicher Suizidbeihilfe

       Hannover (epd). Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) wendet sich gegen Bestrebungen, ärztlichen Beistand zur Selbsttötung zuzulassen. Eine rechtliche Verankerung der ärztlichen Suizidbeihilfe und die Einschränkung der Garantenpflicht des Arztes seien abzulehnen, stellt der Rat der EKD in einer Orientierungshilfe fest, die am Dienstag in Hannover veröffentlicht wurde. Darin warnt die EKD vor einer «gesellschaftlichen Signalwirkung», die eine Suizidhilfe in die Nähe einer normalen Option am Lebensende rücke. In der Stellungnahme unterstützt die EKD zugleich Initiativen, die kommerzielle Suizidhilfe von Organisationen verbieten wollen.
      Hintergrund des EKD-Textes sind aktuelle Fälle von Sterbehilfe und rechtswissenschaftliche Beiträge zum Problem der Selbsttötung. Angesichts dieser Debatten müsse die Kirche «unzweideutig» für den Schutz des menschlichen Lebens und seiner Würde vom Anfang bis zum Ende eintreten, schreibt EKD-Ratsvorsitzender Wolfgang Huber im Vorwort. Huber: «Immer kommt es vielmehr darauf an, Sterbende zu trösten, ihr Leid zu lindern und ihnen Gewissheit zuzusprechen, dass ihr Leben von Gott gewollt und gesegnet ist.»
      Die Stellungnahme «Wenn Menschen sterben wollen. Eine Orientierungshilfe zum besonderen Problem der ärztlichen Beihilfe zur Selbsttötung» knüpft an den EKD-Text «Sterben hat seine Zeit» (2005) zu Patientenverfügungen an. Wie Tötung auf Verlangen sei auch die Beihilfe eines Arztes bei einer Selbsttötung ethisch nicht zu rechtfertigen. Bei der assistierten Suizidhilfe gerate das Gebot, die Selbstbestimmung zu respektieren, in Konflikt mit der ärztlichen Pflicht, Leben zu erhalten, heißt es in der Schrift. Aus ethischer Sicht müsse diese ärztliche Pflicht Vorrang haben.
      Eine Absage erteilt die evangelische Kirche deshalb allen Überlegungen, die Pflicht des Arztes zur Rettung von Leben rechtlich zu begrenzen. Auch Straffreiheit für ärztliche Hilfe beim Suizid, wie sie etwa der Juristentag oder Mitglieder des Nationalen Ethikrates unter bestimmten Bedingungen ins Gespräch gebracht hatten, wird abgelehnt. Dagegen wird eingewandt, dies erhöhe den Druck, Belastungen durch langwierige Pflege bei schwerer Erkrankung zu ersparen.
      Bei einer Liberalisierung wäre nicht nur «Heilung, Linderung und Begleitung, sondern auch Beihilfe zur Beendigung des Lebens» Aufgabe des Arztes, argumentiert die EKD. Stattdessen verweist das Dokument auf den Handlungsspielraum, den die Rechtssprechung Ärzten in Konflikten eröffnet habe. In diesen Einzelfällen gehe es um eine «schwierige Gratwanderung», die den Betroffenen, der Gewissensentscheidung der Ärzte und dem ärztlichen Berufsethos Rechnung tragen müsse.
      «Uneingeschränkte Unterstützung» äußert der EKD-Text für politische Initiativen, kommerzieller Suizidhilfe einen rechtlichen Riegel vorzuschieben. Sterbehilfeorganisationen nach Schweizer Vorbild sollten verboten werden, empfiehlt die evangelische Kirche. In dem EKD-Dokument wird gewarnt, Beihilfe zur Selbsttötung werde dann nicht mehr im Einzelfall geleistet, sondern zum «Dienstleistungsangebot», das von jedem gekauft werden könne.
      Am Wochenende war bekanntgeworden, dass sich die Justizminister der unionsgeführten Länder auf einen neuen Vorschlag für ein Verbot von Suizidhilfe-Organisationen verständigt haben. Danach soll mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren belangt werden, wer «ein Gewerbe betreibt oder eine Vereinigung gründet, deren Zweck oder Tätigkeit darauf gerichtet ist, anderen die Gelegenheit zur Selbsttötung zu geben oder zu verschaffen und für diese öffentlich wirbt». (epd Niedersachsen-Bremen/e3203/19.11.08)

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