Di, 20.12.2011Ethik-Experte: Verhalten Wulffs gefährdet Vorbildfunktion

Hannover/Berlin (epd). Das Verhalten von Bundespräsident Christian Wulff gefährdet nach Ansicht des hannoverschen Sozialphilosophen und Ethik-Experten Detlef Horster die Vorbildfunktion des Amtes. «Wenn er jetzt die Weihnachtsansprache hält, glaubt ihm das doch kein Mensch mehr», sagte der emeritierte Professor am Dienstag im epd-Gespräch. Ein Bundespräsident müsse moralisch integer und wahrhaftig sein, um als Autorität auftreten zu können. «Wahrhaftigkeit bedeutet, dass jemand so lebt, wie er spricht. Und das klafft bei Wulff auseinander.»

Dabei störten ihn nicht die Urlaubsreisen des Bundespräsidenten auf Einladung von Unternehmern oder sein Privatkredit bei der Ehefrau des aus Osnabrück stammenden Unternehmers Egon Geerkens. «Man kann Freunde haben und sich von ihnen einladen lassen, das ist nicht das Problem», sagte Horster, der von 1981 bis 2007 Sozialphilosophie mit den Schwerpunkten Ethik, Recht und Erziehung an der Universität Hannover lehrte.

Entscheidend sei, dass Wulff vor dem niedersächsischen Landtag nicht die volle Wahrheit darüber gesagt habe. «Ausgerechnet aus dem Munde von Wulff stammt der Satz, dass das Parlament wieder mehr Achtung bekommen muss», kritisierte der Professor und verwies auf ein Interview in der «Zeit» vom Juni dieses Jahres. Am Dienstag beriet der Ältestenrat des Landtags in Hannover darüber, ob Wulff mit dem Privatkredit gegen das Ministergesetz verstoßen hat.

Auch dass Wulff als CDU-Oppositionsführer den früheren Ministerpräsidenten Gerhard Glogowski (SPD) wegen Vorteilsnahme im Amt scharf angegriffen habe, passe nicht zu seinem späteren Verhalten. «Er hat angeprangert, was er später selbst tat.» Da nütze es ihm wenig, wenn er beteuere, es sei alles juristisch korrekt abgelaufen.

Der Bundespräsident sei besonders für die Jugend ein wichtiges Vorbild, sagte Horster: «Junge Menschen werden in die Gesellschaft eingeführt und brauchen Orientierung.» Das gehe nur über Vorbilder. Allerdings habe es in der Geschichte der Bundespräsidenten immer auch Situationen gegeben, in denen der Vorbildcharakter des Amtes beschädigt worden sei.

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