Mi, 11.09.2013Erste syrische Flüchtlingsgruppe in Hannover gelandet - Bundesinnenminister Friedrich will europäische Flüchtlingskonferenz

Müde, glücklich und erschöpft haben am Mittwochnachmittag 107 Syrer den Flughafen von Hannover erreicht. Sie kommen aus den Flüchtlingslagern im Libanon und wurden als erste Flüchtlingsgruppe von Bundesinnenminister Friedrich (CSU) begrüßt.

Hannover (epd). Die erste syrische Flüchtlingsgruppe ist am Mittwoch am Flughafen von Hannover-Langenhagen mit einer vom Bund gecharterten Maschine gelandet. Die 107 Syrer, etwa zur Hälfte Kinder, wurden von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) auf dem Rollfeld begrüßt. «Sie sind jetzt in Sicherheit», sagte Friedrich. Die Flüchtlinge, die aus Lagern im Libanon kommen, werden in den nächsten zwei Wochen im Auffanglager Friedland bei Göttingen untergebracht und danach auf die einzelnen Bundesländer verteilt.

Deutschland hatte sich im März verpflichtet, 5.000 Bürgerkriegsflüchtlinge aufzunehmen. Rund 300 Syrer aus dem Kontingent haben ihre Reise selbst organisiert und nach Angaben des Ministeriums Deutschland bereits erreicht. In Friedland sollen die Syrer in sogenannten Wegweiser-Kursen die deutsche Sprache und das Leben in Deutschland kennenlernen. Neben einem Taschengeld von 20 Euro erhalten sie auch Informationen über Sozialleistungen.

Zu den Neuankömmlingen zählte auch die 26-jährige Jenette Mustafa.
Sie habe gemischte Gefühle, erzählte die Mutter vor laufenden Fernsehkameras, während ihr zweijähriger Sohn Seifenblasen in die Luft blies. «Ich habe immer noch Angst, dass ich hier Papiere vorzeigen muss, gleichzeitig freue ich mich auf eine blühende Zukunft in Deutschland», sagte die junge Mutter. Acht Monate hat die junge Familie aus dem syrischen Aleppo in einem Flüchtlingslager im Libanon verbracht.

Bundesinnenminister Friedrich sprach sich währenddessen für eine europäische Flüchtlingskonferenz aus. Deutschland setze mit der Aufnahme der Flüchtlinge ein klares Zeichen an die europäischen Nachbarn. «Die Flüchtlinge können nicht weiter in den angrenzenden Ländern bleiben.» Schon jetzt nehme die Bundesrepublik monatlich zusätzlich rund 1.000 Asylsuchende aus Syrien auf. Bis Ende des Jahres würden es etwa 27.000 Frauen, Männer und Kinder sein.

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) betonte ebenfalls, dass Deutschland und Europa künftig mehr Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland aufnehmen müssten. «Das ist eine unvorstellbare humanitäre Katastrophe, die sich dort abspielt.»

Auch Flüchtlingsorganisationen hatten zuvor gefordert, dass Deutschland mehr Menschen aus dem krisengeschüttelten Land einen Platz bieten müsse. «Die jetzige Aufnahme ist nur eine humanitäre Geste und keine wirkliche Flüchtlingspolitik», sagte der Geschäftsführer des Niedersächsischen Flüchtlingsrats, Kai Weber.

Unter den 107 Flüchtlingen befinden sich 54 Kinder. Die Mehrzahl der Ankommenden sei muslimisch, 12 von ihnen seien Christen, hieß es. Die 5.000 Flüchtlinge wurden nach humanitären Richtlinien und aufgrund ihrer Beziehungen zu Deutschland ausgewählt. Niedersachsen werde insgesamt rund 470 Syrer durch das Sonderprogramm aufnehmen.

Am Flughafen wartete auch Mohammed Gahzal von einem syrischen Hilfsverein, um seine Landsleute zu begrüßen. Seine Mutter und Schwester aus Damaskus gehörten zwar nicht zu den Ankömmlingen, dennoch wolle er sie willkommen heißen, sagte der 54-Jährige. Seit mehr als 30 Jahren versuche er, seine Verwandten nach Deutschland zu holen. «Ich habe Angst um sie.»

Jenette kennt Deutschland nur aus den Erzählungen ihrer Verwandten in Kiel. Nie hätte sie gedacht, in eine so brenzlige Situation zu kommen. «Es ist schon jetzt ein unglaubliches Gefühl, sich frei äußern zu können», sagte sie, bevor sie in den Reisebus Richtung Friedland stieg. Sie hoffe nun, ihr Studium der französischen Literatur, das sie in Syrien begonnen hat, fortsetzen zu können.

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