Mi, 06.02.2013Entwicklungsforscher: Dörfer werden in Zukunft als Wohnraum attraktiver

epd-Gespräch: Björn Schlüter Goslar/Duisburg (epd). Ländliche Regionen und Dörfer werden nach Ansicht des Dorfforschers Gerhard Henkel in Zukunft attraktiv. «Dazu müssen kleine Orte ihren Bewohnern eine gut funktionierende Gemeinschaft, abwechslungsreiches Vereinsleben und ein tatkräftiges Engagement für die dörfliche Infrastruktur, zum Beispiel den letzten Gasthof oder Laden, bieten», sagte Henkel am Mittwoch im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Aktuell sei noch eine stärkere Wanderungsbewegung in die Städte zu beobachten. Ein Plus für das Landleben sei Möglichkeit, das eigene Umfeld viel stärker selbst zu gestalten. «Die Gesellschaft in diesen Regionen kann zukünftig nicht nur mit einer Steuerung von oben nach unten funktionieren», sagte der emeritierte Professor der Universität Duisburg-Essen. Initiativen, Vereine und Interessengemeinschaften müssten ausgebaut werden. Das «Sich einsetzen für die Gemeinschaft», sei schon heute das Kapital des Dorfes. Es werde in Zukunft noch wichtiger werden. Auch bei vielen Großstädtern gebe es eine Sehnsucht nach dem Leben auf dem Land. «Das Geflecht der sozialen Beziehungen ist in Dörfern in der Regel enger und zugleich überschaubarer», sagte Henkel. Menschen seien dort eher bereit, sich für andere und das Dorfganze zu engagieren. Auf dem Lande herrsche ein natur-, traditions- und handlungsorientierter Lebensstil. Nach Henkels Ansicht muss das Ehrenamt in den Dörfern durch eine neue Anerkennungskultur durch Kommunen und Mitbürger gestärkt werden. Mit Sorge betrachte er die Tendenz, dass sich auch Menschen auf dem Lande immer stärker in ihre individuellen Interessen zurückzögen. Beispielhaft sind nach Ansicht des Wissenschaftlers sogenannte integrative Dorfvereine, die in den vergangenen Jahren zu Tausenden gegründet worden seien. Deren Aufgaben reichten von der Organisation eines Dorfjubiläums über die Auseinandersetzung mit Problemen wie leerstehenden Gebäuden oder dem drohenden Verlust von Infrastruktur. Das Leitbild der Zukunft sei die Bürgerkommune, die von Rat, Verwaltung und Bürgern in gleicher Weise gestaltet und getragen wird. Als Beispiel nannte er den Ort Weyarn in Oberbayern. Noch bis zum Donnerstag diskutieren Fachleute aus Landwirtschaft, Forschung, Politik und Kirche in Goslar die Herausforderungen des strukturellen Wandels ländlicher Regionen.

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