Di, 30.03.2010Ein stiller Feiertag wird immer lauter

Am Karfreitag bleiben die Discos gedämpft, aber im Fernsehen locken Actionfilme

Braunschweig (epd). Vom stillen Feiertag kann oft keine Rede mehr sein. Am Karfreitag laufen auf privaten Fernsehkanälen Filmkomödien und Action. Wer, will kann sich in der Nacht zum Karsamstag von «Heißen Girls» unterhalten lassen. Auch aus dem Radio tönt es zumeist wie gewohnt. «Hitradio Antenne» in Niedersachsen will an diesem Tag keine andere Songs als sonst spielen, sagt Musikchef Torsten Hey. Der Musikchef von NDR 1 Niedersachsen, Henry Gross, will dagegen Rücksicht auf den Karfreitag nehmen, allerdings ohne die Musikfarbe grundsätzlich zu ändern. «Wir sind ohnehin kein Partysender.»

   Seit vielen Jahren spielt der christliche Feiertag, an dem an Kreuzigung und Tod Jesu erinnert wird, in den Medien eine immer geringere Rolle, beobachtet der Bevollmächtigte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Berlin, Prälat Bernhard Felmberg. Ein gesetzlicher Feiertag wird der Karfreitag seiner Meinung nach aber trotz des gesellschaftlichen Wandels bleiben. Daraus, dass zur Finanzierung der Pflegeversicherung der Buß- und Bettag 1995 in allen Bundesländern außer in Sachsen als arbeitsfreier Tag abgeschafft wurde, hätten die Kirchen ihre Lehren gezogen: «So etwas passiert uns nicht noch einmal!»

   In Hessen schreckte die Kirche auf, als vor zwei Jahren für Mitternachts-Shopping am Gründonnerstag geworben wurde. «Feiertage bringen wichtige Lebensthemen ins Gespräch, deshalb ist es bedauerlich, wie fantasielos und gleichgültig weite Teile der Gesellschaft damit umgehen», sagte der evangelische Kirchenpräsident Peter Steinacker: «Tage wie der Gründonnerstag und der Karfreitag mit ihren elementaren Menschheitsthemen wie Gemeinschaft und Einsamkeit, Verrat und Treue, Erlösung und Gottverlassenheit sind eine Steilvorlage für alle Kulturschaffenden auf Bühnen und Bildschirmen.» Viele Theater und manche Fernsehsender nähmen diese Chance auch wahr.
In weiten Teilen der Gesellschaft würden diese Tage allerdings dem «Einheitsbrei des Alltags» immer ähnlicher gemacht.

   Details des Feiertagsschutzes regeln die Bundesländer mit eigenen Gesetzen. Am Karfreitag gelten noch immer zusätzliche Einschränkungen gegenüber anderen Feiertagen. Verboten sind vor allem «Veranstaltungen in Räumen mit Schankbetrieb, die über den Schank- und Speisebetrieb hinausgehen», und «öffentliche sportliche Veranstaltungen». Im Klartext heißt das: In Discotheken darf getrunken, aber nicht getanzt werden. Das Verbot gilt in Niedersachsen bis Sonnabend 24 Uhr.

   Die Ordnungsämter der Kommunen schreiten notfalls ein und verhängen Bußgelder, um die Feiertagsruhe zu sichern. Die Stadt Braunschweig zum Beispiel meldet jedoch keine steigende Tendenz. 2007 stellte sie acht Bußgeldbescheide aus, 2008 nur einen und 2009 fünf. Die Bußgelder beliefen sich im Durchschnitt auf etwa 200 Euro.

   Im vorigen Jahr unternahm in Bayern die FDP einen Versuch, das
Tanz- und Sportverbot zu lockern, hatte aber keine Chance mit diesem Anliegen. Lediglich der Hotel- und Gaststättenverband mutmaßte, dass in zwei bis drei Jahren das Tanz- und Discoverbot fallen dürfte. Die Äußerung eines Verbandssprechers, dass dann die Kirchen zu Zugeständnissen bereit sein könnten, blieb Wunschdenken.

   Die evangelischen Kirchen halten an der hohen Bedeutung des Feiertages fest. In der Besucherzahl spiegelt sie sich jedoch nicht wider - bei «freudigen» Anlässen ist der Zulauf größer. Die Gottesdienst-Statistik der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) verzeichnet 945.000 Gottesdienstteilnehmer am Karfreitag. Zum Erntedankfest waren es mehr als doppelt so viele. Deutlich mehr als eine Million wurden am ersten Advent gezählt.

   Vielerorts gibt es mittlerweile neue Formen von Passionsandachten, mit denen die Bedeutung der Leidenszeit Jesu für die heutige Zeit begreifbar werden soll. So werden zum Beispiel in Celle und Bremen unter dem Motto «Wunde Punkte» Andachten an Orten gehalten, an denen Menschen Leid erfahren oder auch Hilfe in der Not bekommen. Dazu treffen sich Christen etwa an einer NS-Gedenkstätte, vor dem Arbeitsamt oder einem Pflegeheim. Ein «Ökumenischer Krezweg» in der Passionszeit führte in diesem Jahr zu den atomaren Endlagern «Asse II» und «Schacht Konrad». Der braunschweigische Landesbischof Friedrich Weber bezeichnet den Kreuzweg als «Gelegenheit, den eigenen Umgang mit der Schöpfung im Zusammenhang mit dem Leidensweg Jesu und der eigenen Schuld zu bedenken». Manfred Laube (epd)

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