Do, 12.02.2009Deutsche Stiftungen von Finanzkrise unbehelligt - 2008 mehr als 100 Neugründungen in Niedersachsen

Hannover/Berlin (epd). Das deutsche Stiftungswesen boomt trotz Finanzkrise weiter. 2008 sei mit 1.020 Neugründungen erneut die «1.000er Marke überschritten» worden, sagte der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen und Generalsekretär der in Hannover ansässigen Volkswagen-Stiftung, Wilhelm Krull, am Mittwoch vor Journalisten in Berlin. Allein in Niedersachsen wurden im vergangenen Jahr 102 Stiftungen gegründet. Auf 100.000 Einwohner kämen in dem Bundesland 22 Stiftungen, im Bundesdurchschnitt seien es 20. Derzeit gebe es in Deutschland 16.406 rechtsfähige Stiftungen mit einem geschätzten Gesamtvermögen von rund 100 Milliarden Euro. Das seien sechs Prozent mehr als im Vorjahr.

Nach Mitteilung des Bundesfinanzministeriums vom Mittwoch stieg die Zahl der Neugründungen in den beiden vergangenen Jahren um 21 Prozent. Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) führte dies auf Steuererleichterungen für Stifter zurück, die 2007 in Kraft getreten sind. Er begrüßte, dass es auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten eine hohe Bereitschaft von Bürgern und Bürgerinnen gebe, einen Teil ihres Vermögens für das Allgemeinwohl einzusetzen.

Der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands der Stiftungen sagte:
«Unsere Stiftungen sind relativ krisenfest, weil sie konservativ strukturiert sind.» Anders als beispielsweise in den angelsächsischen Ländern werde mit dem Stiftungsvermögen nicht spekuliert, sondern das vorhandene Geld wie vom Gesetz vorgeschrieben breit angelegt. Die Mehrzahl der Stiftungen verfüge über gar keine Aktien, bei den Großen wie der Volkswagen-Stiftung liege der Aktienanteil bei maximal 25 Prozent. In den USA seien 70 Prozent üblich. «Deshalb werden trotz zu erwartender leichter Verluste unsere Stiftungen grundsätzlich nicht wackeln», sagte Krull.

Mit dem seit Jahren anhaltenden Gründungsboom von Stiftungen in Deutschland sei das Land im europäischen Vergleich Spitze, sagte der Generalsekretär des Bundesverbandes, Hans Fleisch. Seit dem Jahr 2000 wurden mit 7.853 bereits mehr Stiftungen errichtet als in der 51-jährigen Geschichte der Bundesrepublik zuvor. Wesentliche Ursachen dafür seien Gesetzesreformen aus den Jahren 2002 und 2007, welche die rechtlichen Rahmenbedingungen für das Stiftungswesen stark erleichtert hätten, sagte Fleisch.

Anhaltend ist die Zweiteilung der deutschen Stiftungslandschaft in West und Ost. 942 der Neugründungen im vergangenen Jahr entfielen auf die alten Bundesländer, 78 Stiftungen wurden in Ostdeutschland gegründet. Mit einer Annäherung der Zahlen rechnet Krull erst in den kommenden 15 Jahren. Bundesweite Stiftungshauptstadt ist Frankfurt/Main mit 72 Stiftungen pro 100.000 Einwohner, gefolgt von Würzburg mit 69, Hamburg mit 64 und Oldenburg mit 60. Hannover liegt mit 51,2 auf Platz neun.

Im Ranking der Bundesländer ist Hamburg bei der Stiftungsdichte mit 64 Stiftungen auf 100.000 Einwohner führend. Schlusslicht ist Brandenburg mit fünf Stiftungen. Bei der Gesamtanzahl von Stiftungen führt Nordrhein-Westfalen mit 3.159 Stiftungen die Liste an, gefolgt von Bayern (2.918), Baden-Württemberg (2.452) und Niedersachsen (1.744). Schlusslichter sind auch hier die ostdeutschen Länder Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg mit 137 beziehungsweise 132 Stiftungen.

Die meisten Stiftungen verfolgen soziale Zwecke (28 Prozent) oder wollen Wissenschaft und Forschung oder Bildung und Erziehung fördern
(13 und 16 Prozent). Der Unterstützung von Kunst und Kultur haben sich 17 Prozent verschrieben, dem Umweltschutz dienen etwa sechs Prozent. Viele Stiftungen verfolgten aber nicht mehr explizit nur ein Ziel, sondern seien thematisch breiter aufgestellt, so dass häufig die Grenzen fließend seien, sagte Generalsekretär Fleisch.

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