Mi, 05.05.2010Carl-von-Ossietzky-Preis geht an Warschauer Historiker

Oldenburg (epd). Der polnische Historiker Professor Wlodzimierz Borodziej aus Warschau ist am Dienstag mit dem Carl-von-Ossietzky-Preis der Stadt Oldenburg ausgezeichnet worden. Er habe den mit 10.000 Euro dotierten Preis für Zeitgeschichte und Politik für sein Bemühen um die deutsch-polnische Aussöhnung erhalten, sagte der parteilose Oldenburger Oberbürgermeister Gerd Schwandner.

Die Jury betonte in ihrer Begründung, Borodziej habe von parteipolitischen Interessen unabhängige wichtige Beiträge zur politischen Bildung in den beiden Ländern geleistet. Er trage damit wesentlich zur Aussöhnung der beiden Völker und in Folge zur europäischen Einigung bei. Es gelinge ihm, die problembelasteten Beziehungen zwischen den beiden Staaten kenntnisreich und sachlich aus beiden Perspektiven zu beleuchten.

Der ehemalige Chefkorrespondent der Wochenzeitung «Die Zeit», Gunter Hofmann, würdigte Borodziej in seiner Laudatio als unbequemen Brückenbauer. Seine Thesen seien sowohl in Polen als auch in Deutschland immer wieder auf Widerstand gestoßen. Gleichwohl sei es den Arbeiten Borodziejs mit zu verdanken, dass es überhaupt zu einer deutschen Wiedervereinigung gekommen sei. «An dieser Vertrauensarbeit waren und sind Sie - direkt oder indirekt - beteiligt», sagte Hofmann.

Borodziejs Forschungsgebiete erstrecken sich der Jury zufolge auf den nationalsozialistischen Terror in Polen ebenso wie auf den gescheiterten Warschauer Aufstand von 1944. Auch der Hitler-Stalin-Pakt, die Geschichte der Umsiedlung und Vertreibung der Deutschen aus Polen, die internationalen Beziehungen in der Nachkriegszeit und aktuelle Fragen der Vergangenheitspolitik zählten dazu. Darüber hinaus engagiere er sich in der deutsch-polnischen Schulbuchkommission.

Borodziej besuchte zunächst eine Grundschule in Berlin, wo sein Vater als Diplomat arbeitete, um später seine schulische Ausbildung in Warschau und Wien fortzusetzen. Er studierte in Warschau Germanistik und Geschichte und wurde dort auch Professor. Anfang der 1990er Jahre übernahm er das Amt des Generaldirektors für die Verwaltung des polnischen Parlaments.

Seit 1996 ist er Professor für Zeitgeschichte am Historischen Institut der Universität Warschau. Für seine Verdienste wurde er bereits mit dem Verdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland, dem Herderpreis und dem Viadrina-Preis ausgezeichnet.

Zur Jury gehörten die Oldenburger Professorin für Germanistik, Sabine Doering, die Journalistin Franziska Augstein von der Süddeutschen Zeitung aus München, der Historiker Professor Norbert Frei von der Friedrich-Schiller-Universität Jena, der Konfliktforscher Professor Wilhelm Heitmeyer der Universität Bielefeld sowie der Laudator Hofmann.

Pressestelle

Kann die Pressestelle etwas für Sie tun? Hier finden Sie den Kontakt zu uns.