Sa, 20.10.2012Bremer werfen neuen Blick auf unbekannten Hundertwasser

Von Dieter Sell (epd)

Bremen (epd). Friedensreich Hundertwasser (1928-2000) gehört zu den prominentesten Künstlern des 20. Jahrhunderts. Seine Werke sind in den Sammlungen wichtiger Museen vertreten, meist aber nur im Depot. Das hat die Bremer Kunsthalle am Sonnabend geändert: In einer Sonderausstellung wirft sie einen Blick auf den unbekannten Hundertwasser, denn das selten gezeigte Frühwerk des Österreichers bestimmt die Schau. Unter dem Titel «Gegen den Strich» sind bis zum 17. Februar hundert zentrale Zeichnungen, Grafiken und Aquarelle sowie großformatige Gemälde aus der Zeit von 1949 bis 1970 zu sehen.

Kunsthallendirektor Christoph Grunenberg organisiert damit eine der wenigen großen Ausstellungen zu Hundertwasser überhaupt. «Schon ein Jahr vorher hat mancher die Nase gerümpft», sagte Grunenberg. Hundertwassers Werk - zu gefällig, zu geschmäcklerisch, zu hübsch, zu modisch, so laute der Vorwurf der Kunstszene. Grunenberg will einen anderen Hundertwasser zeigen, einen Mann, der zur internationalen Avantgarde der Kunstszene gehöre. Leihgaben kommen aus großen europäischen Museen und zahlreichen Privatsammlungen.

In Riesenauflagen verkaufte Poster, Tassen, Kalender und Taschen verstellen den Blick auf den Maler und Architekten, der mit leuchtenden Farbwelten künstlerisches Neuland betrat. «Zum Lebendigsein gehören Farben», lautete die Überzeugung von Hundertwasser. Dies verband er mit einer zentralen Botschaft, die die Kunsthalle nun zitiert: «Seid individuell! Seid frei! Seid schöpferisch!»

Als früher Prophet der Umweltbewegung stellte er sich gegen den Kapitalismus und den klassischen Kunstbetrieb. Ungewöhnliche labyrinthartige Motive und Nacktreden, die in der Kunsthalle dokumentiert sind, zeugen davon. Der Künstler sei aber mehr als eine skurrile Figur mit Vollbart und bunter Mütze, betonte Grunenberg.

Bild für Bild können Besucher verfolgen, wie sich stilisierte Köpfe mit Schlitzaugen und vor allem die Spirale als zentrales Ornament im Werk Hundertwassers durchsetzten. Der Künstler hasste die gerade Linie. «In ihr wohnt weniger Gott und menschlicher Geist, als vielmehr die bequemheitslüsterne, gehirnlose Massenameise», steht in seinem «Verschimmelungs-Manifest gegen den Rationalismus in der Architektur». Die organisch wachsende Spirale dagegen sei «ein Gleichnis zum Leben und zum Tod in ewiger Wiederkehr».

Die Schau illustriert daneben Hundertwassers Abneigung gegen die Arbeit mit vorgefertigten Materialien und Farben. Statt Leinwänden nutzte er Packpapier und Papierreste. Auch darin wird deutlich: Hundertwasser propagierte ein Leben mit minimalen Auswirkungen auf die Umwelt. «Die Natur war sein Wegweiser», erläuterte Astrid Becker, neben Grunenberg Ko-Kuratorin der Ausstellung.


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