Mi, 28.07.2010Braunschweiger Bischof ist über Kürzungsvorschläge «überrascht»

Hannover (epd). Der Braunschweiger Landesbischof Friedrich Weber ist über den Vorstoß einzelner Landespolitiker überrascht, die Staatsleistungen an die Kirchen zu kürzen. «Wir haben von den Überlegungen zu einer möglichen Kürzung der staatlichen Leistungen erst aus der Presse erfahren», teilte Weber, der zurzeit im Urlaub ist, über einen Sprecher mit. Unter anderen hatte der FDP-Fraktionschef im Kieler Landtag, Wolfgang Kubicki, im «Spiegel» eine Kürzung um zehn bis 15 Prozent gefordert.

   Weber ist auch Vorsitzender des Rates der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen. Er sagte, es gehe hier um vertragliche Grundlagen. Für Niedersachsen seien sie im «Loccumer Vertrag» zwischen den fünf evangelischen Kirchen und dem Land 1955 klar geregelt worden. Auch das Kultusministerium in Hannover teilte auf Anfrage mit, dass das Land seine Zuschüsse an die Kirchen entsprechend langfristiger vertraglicher Verpflichtungen zahle: «Daher stellt sich die Frage von Kürzungen kurzfristig nicht», sagte eine Sprecherin.

   Nach Angaben des Ministeriums beträgt die Staatsleistung im laufenden Jahr rund 31,3 Millionen Euro an die Landeskirchen von Braunschweig, Hannover, Oldenburg, Schaumburg-Lippe und die evangelisch-reformierte Kirche mit Sitz in Leer. Davon erhält Hannover 20,9 Millionen Euro, Braunschweig 3,8 Millionen, Oldenburg
3,1 Millionen, die reformierte Kirche 2,8 Millionen und Schaumburg-Lippe 426.000 Euro.

   Weitere 7,8 Millionen Euro gehen an die drei Diözesen der katholischen Kirche. Der Landesverband der Jüdischen Gemeinden erhält 1,3 Millionen und der Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden 314.000 Euro. Der «Humanistische Verband Niedersachsen» bekommt 216.000 Euro.

   In fast allen Bundesländern erhalten die beiden großen Kirchen jährliche Dotationen, die in Staatskirchenverträgen geregelt sind. Diese Zahlungen sind ein Ausgleich für den Entzug kirchlicher Güter zur Zeit der Reformation und Enteignungen im Zusammenhang mit der französischen Revolution. In diesem Jahr sind laut «Spiegel» in den Haushaltsplänen der Länder nahezu 460 Millionen Euro an Kirchenzuschüssen veranschlagt.

   Der Staat müsse die große Bedeutung und Leistung der Kirchen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt anerkennen, sagte der CSU-Bundestagsabgeordnete Norbert Geis dem epd. Bei den Zuschüssen handele es sich nicht um Privilegien der Kirchen. Der kirchenpolitische Sprecher der Grünen, Josef Winkler, kritisierte, die geplanten Kürzungen stellten einen «Generalangriff» auf die Kirchen dar. Die Länder versuchten, die Stellung der Kirchen in der Gesellschaft zu unterminieren.

   Der kirchenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Siegmund Ehrmann, betonte den historischen Kontext der Dotationen. Es sei ein «sorgfältiger Klärungsprozess» nötig, ob und unter welchen Bedingungen der Staat sich aus seinen Verpflichtungen lösen könne.

   Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) betonte, dass es sich bei den Zuschüssen nicht um staatliche Geschenke an die Kirche, sondern um Rechtsverpflichtungen handele. Einige dieser Verpflichtungen seien in den 1990er Jahren in Staatsverträgen mit den neuen Bundesländern vereinbart worden.


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