Aus den Kirchenkreisen

Di, 07.10.2014Künstler machen Grauen des Ersten Weltkrieges sichtbar

Expression und Emotion – Berühmte Künstler begegnen dem Ersten Weltkrieg

Vernissage der Ausstellung Emotion & Expression in der St.-Matthäus-Kirche in Rodenkirchen - Zur Ausstellungseröffnung sprachen: Initiator Pfr. i. R. Frank Klimmeck (1. von li.) und Pastorin Birgit Faß (2. von li.) sowie Thomas Kossendey (2. von re.), Präsident der Oldenburgischen Landschaft, und Landrat Thomas Brückmann (1. von re.). Das Ehepaar Waltraud und Werner Hofmann (Mitte) mit ihrer Stiftung halfen mit einer Spende bei der Verwirklichung der Ausstellung. Alle Fotos: ELKiO/Beatrix Schulte

Um die grafischen Arbeiten genauer betrachten zu können mussten die Besucherinnen und Besucher auch in die Kirchenbänke steigen.

Frank Klimmeck erläuterte der jungen Besucherin gerne einige Werke des Malers Heinrich Zille, der unter anderem auch viele Kinderbilder geschaffen hat.

Die Stellwände im Querschiff wurden von der Oldenburgischen Landschaft zur Verfügung gestellt, die bereits bei früheren Ausstellungen in der St.-Matthäus-Kirche behilflich war.

Die Gruppe „musica butjensis“ stellte ein ansprechendes Musikprogramm zusammen, welches thematisch sehr gut passte und Kriegs- und Friedensbewegungslieder enthielt.

In der Reihe „Kunst & Kirche“ läuft zurzeit mit „Emotion & Expression“ eine neue Ausstellung in der St.-Matthäus-Kirche in Rodenkirchen im Landkreis Wesermarsch. Dort begegnen berühmte Künstler dem Ersten Weltkrieg. Es werden über 50 Originalgrafiken von Ernst Barlach, Max Liebermann, Käthe Kollwitz, Heinrich Zille und weiteren Künstlern noch bis zum 19. Oktober gezeigt. Besucher können täglich von 8 bis 18 Uhr in die Ausstellung gehen. Schulklassen, Konfirmandengruppen und Vereine sind ebenfalls willkommen. Anmeldungen für Führungen sind unter Tel.: 04732-8393 oder 04732-183930 möglich.

Die Präsentation und Moderation im Rahmen des Projektes „Kunst am Deich“ liegt bei Pfr. i. R. Frank Klimmeck, der zusammen mit Pastorin Birgit Faß Führungen für Gruppen und Schulklassen anbietet. Gefördert wurde die Ausstellung von der Waltraud und Werner Hofmann-Stiftung, der EWE-Stiftung und der LzO-Regionalstiftung Wesermarsch.

Zusammengestellt wurden die Werke, die als Wanderausstellung konzipiert sind, von der Galerie Traudis-Schröter aus Wiehl im Bergischen Land. Die Bilder der Ausstellung entstanden während und kurz nach dem Ersten Weltkrieg vor rund 100 Jahren und spiegeln die Gefühle und Stimmungen der damaligen Zeit. Herrschte zunächst eine überschwängliche Kriegsbegeisterung, änderte sich angesichts der Gräuel und Massenmorde bald die allgemeine Empfindung und die Sehnsucht nach einer friedlichen Welt wurde lauter.

Die Bilder dokumentieren die anfängliche Begeisterung, aber auch den folgenden Schrecken und die bittere Realität des Krieges. Neun Millionen gefallene Soldaten und sechs Millionen zivile Opfer hat der Erste Weltkrieg gefordert. Er veränderte nicht nur das gesellschaftliche Leben und die Beziehungen der Staaten untereinander, auch die Kunst reagierte auf diese „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ und verarbeitete die Grauen auf ihre Weise. Es entwickelte sich die Blütezeit des Expressionismus, der es ermöglichte, Gefühle und Erlebnisse, Trauer, Wut, Angst und Entsetzen nicht mehr sachlich und realistisch darzustellen, sondern mit schnellerer und intuitiverer Pinselführung eine andere Stimmung im Bild zu erzeugen.

Die unzähligen Kreuze einer Kriegsgräberstätte hält Ernst Barlach beispielweise in seinem Bild „Anno Domini 1916“ in beeindruckender Weise fest. Stets humorig kommen dagegen die Gesichter in den Bildern von Heinrich Zille daher. Sein Bild „Kartoffel stehen“ zeigt Mütter und Kinder vor einem Kaufmannsladen, die auf ihre Nahrungsmittelzuteilung warten.

Es werden Holzschnitte und Lithografien von Käthe Kollwitz, Originalgrafiken von Ernst Barlach und weitere Grafiken von Max Beckmann, Erich Heckel oder Otto Müller gezeigt. Die Ausstellung dokumentiert, wie die Künstler von den weichen Linien der Lithografie zu den harten, kantigen und oftmals verzerrten Konturen des Holzschnittes fanden.  

Die Ausstellung möchte an die Opfer des Ersten Weltkrieges erinnern, an die Katastrophe gedenken und die Besucher zum Nachdenken über ihre eigene Einstellung und Gefühle anregen, verbunden mit dem Wunsch zu einem verantwortlichen Handeln. Besonders junge Menschen sind eingeladen, sich die Bilder anzuschauen und für die bei ihnen ausgelösten Emotionen einen Ausdruck zu finden.

Am 3. Oktober (der 24. Jahrestag der deutschen Wiedervereinigung) startete die sehenswerte Ausstellung in der St.-Matthäus-Kirche in Rodenkirchen. Die hochwertigen Werke stellen eine große Bereicherung für die Kirche dar und ihre Zusammenstellung ist sehr sehenswerte und außergewöhnlich. Für derartige Originalgrafiken mit Holzschnitten und Lithografien muss man üblicherweise in die großen Museen gehen. In Rodenkirchen gibt es sie nun sogar umsonst.

Eine erste emotionale Einführung gaben die Mitglieder von „musica butjensis“, die mit „Zogen einst fünf wilde Schwäne“ das Volks- und Antikriegslied aus Westpreußen, Ostpreußen und dem Memelland schlechthin anstimmten. Ihre Liedzusammenstellung war gut gewählt und so sang Michael Mendelsohn an seiner Gitarre im weiteren Verlauf auch noch ein Lied aus der Zeit der Friedensbewegung von Hannes Warder (Es ist an der Zeit) nach einem Original des Schotten Eric Bogle.

Kirchen seien Orte des Friedens, erklärte Thomas Kossendey, Präsident der Oldenburgischen Landschaft, in seiner Festansprache. „Wenn wir hier eine Ausstellung zum Krieg zeigen, dann deswegen, weil sie zum Frieden gemahnt. Denn alle, die zum Schwert greifen, werden durch das Schwert umkommen, heißt es bei Matthäus 26 Vers 52“, so Kossendey. Je mehr man sich vergegenwärtige, was Krieg bedeute, desto mehr müsse man sich glücklich schätzen, dass in Europa heute seit 70 Jahre Frieden herrsche.

Kossendey bedauerte, dass es gerade jetzt wieder viele Kriege und Krisen in der Welt gebe. In den Ersten Weltkrieg seien viele Oldenburger gezogen und ihre Briefe von der Front seien berührende Zeugnisse. Er nannte etwa den in Bad Zwischenahn geborenen Wilhelm Röpken, Sohn eines Stollhammer Organisten, der regelmäßig Feldpost schickte und seine Erlebnisse schilderte. Später fiel er am 27. Mai 1918 an der Westfront.  

Einen Antikriegsroman habe dagegen der gebürtige Braker Maler und Dichter Georg von der Vring geschrieben, welches 1927 verlegt wurde.

Die Ausstellung habe in der Kirche einen passenden Ort gefunden, sagte Kosendey und forderte die Besucherinnen und Besucher der Vernissage auf, sich eingehend mit den Bildern und ihrer Botschaft zu beschäftigen. Er sah einen Bezug zwischen den Werken Ludwig Münstermanns mit den Schnitzerein aus der Epoche des Manierismus mit Überlängen, Drehungen, Verzerrungen und Grotesken zu den Werken der Expressionisten, die mal weiche und fließende, mal gebrochene und harte Linien einsetzten. Es sei kein Zufall, dass das Werk Münstermanns gerade in der Zeit des Expressionismus wieder zu Ehren gekommen sei. Münstermann habe in einer Zeit gearbeitet, als der 30-jährige Krieg tobte, jedoch nicht im Oldenburger Land, der „Friedensoase“.

„Es ist für mich eine große Ehre, eine so wunderbare Ausstellung in der St.-Matthäus-Kirche begrüßen zu dürfen“, freute sich Pastorin Birgit Faß und dankte allen freiwilligen Helferinnen und Helfern, die bei der Organisation und Umsetzung der Ausstellung sowie die Betreuung der Besucher tatkräftig mit anpacken. Es sei sehr spannend zu sehen, wie Kunst den Raum verändere und wie das Zusammenspiel mit den Gedenktafeln und den Münstermannwerken geschehe.   Ein Beitrag von Beatrix Schulte.

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