Mo, 27.05.2013Zähes Ringen zwischen Platzhirschen - Seit 1921 kämpfen Frauen in der hannoverschen Landessynode für kirchliche Gleichberechtigung

Hannover/Lüneburg (epd). «Die Zeit ist reif, dass Frauen vermehrt Leitungsämter in der Kirche übernehmen», forderte die Gruppe Offene Kirche (GOK) der hannoverschen Landessynode im Februar 1999 in einer Resolution an das Kirchenparlament. Und tatsächlich kandidierte im gleichen Jahr mit der Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentages, Margot Käßmann aus Fulda, erstmals eine Frau für das Bischofsamt in der größten evangelischen Landeskirche in Deutschland.

Sie wurde gewählt - knapp 40 Jahre, nachdem 1963 die erste Frau ins Pfarramt ordiniert wurde und beinahe 80 Jahre, nachdem die erste weibliche Synodale ins Kirchenparlament eingezogen war. Die 150-jährige Geschichte der Landessynode war immer auch durch ein zähes Ringen um mehr Gleichberechtigung für Frauen geprägt.

Vorreiterin dieses Kampfes war Paula Müller-Otfried (1865-1946), eine in Hoya bei Bremen geborene Tochter aus bürgerlichem Haus. Als sie 1921 als erste Frau in das Kirchenparlament eintrat, waren die Männer bereits 60 Jahre lang unter sich gewesen. Und sie dominierten das kirchenleitende Gremium noch bis in die 1990er Jahre hinein, erinnert sich Karin Aulike, die der Landessynode seit 27 Jahren angehört.

Die Theologin und Religionslehrerin aus Reppenstedt bei Lüneburg hat sich vor Wortmeldungen noch selbst Mut machen müssen, als sie 1986 neu ins Kirchenparlament kam. «Es gab Platzhirsche», erinnert sich die 65-Jährige. «Ich glaube, nur eine Frau stand einem Ausschuss vor, und das nur der Optik wegen.»

Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatte Paula Müller-Otfried als Vorsitzende des Deutschen Evangelischen Frauenbundes die «zwingende Reformbedürftigkeit der Stellung der Frau» angemahnt. Der Verband wollte ein Stimmrecht in der Kirche und den kommunalen Gemeinden erreichen. 1905 befasste sich die Synode mit einer Eingabe zum Stimmrecht für diejenigen Frauen, die Haushaltsvorstände waren.

Die Kirchenparlamentarier diskutierten historischen Berichten zufolge «lange und ernsthaft», gingen dann aber zur Tagesordnung über. Nach der Einführung des allgemeinen Frauenwahlrechts in Deutschland im November 1918 dauerte es noch einmal drei Jahre, bis die politisch und sozial engagierte Müller-Otfried ins Kirchenparlament einzog.

Schon ein Jahr zuvor hatte sie 1920 für die Deutschnationale Volkspartei (DNVP) als eine von wenigen Frauen einen Sitz im Reichstag erhalten, dem sie bis 1932 angehörte. 1905 hatte sie die Christlich-Soziale Frauenschule in Hannover mitbegründet, die letztlich in die Fachhochschule Hannover mündete. 1930 bekam Müller-Otfried von der Universität Göttingen sogar den theologischen Ehrendoktor verliehen.

Heute ist das Verhältnis mit 35 Frauen und 39 Männern in der Landessynode einigermaßen ausgeglichen. Doch der Vorsitzende des einflussreichen Landessynodalausschusses (LSA), Jörn Surborg, wünscht sich für die nächste Landessynode mehr Frauen in Leitungspositionen: «Ich finde, das Gesicht der Kirche muss im LSA oder im Senat noch ein gutes Stück weiblicher werden.»

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