Mi, 18.07.2012Wortgefechte im Landtag über Arbeitsrecht der Diakonie

Hannover (epd). Der kirchliche Sonderweg im Arbeitsrecht der Diakonie hat zu Wortgefechten im niedersächsischen Landtag in Hannover geführt. Der Linken-Abgeordnete Patrick Humke forderte die Abschaffung des «Dritten Wegs», der Streik und Aussperrung ausschließt. «Arbeitnehmerrechte werden mit Füßen getreten», kritisierte er. «Es ist eine Frechheit, ein Kirchenprivileg über grundgesetzlich garantierte Koalitionsrecht der Arbeitnehmer und das Streikrecht zu stellen.»

Redner von CDU, SPD und Grünen riefen Humke auf, sich zu mäßigen.
Der CDU-Abgeordnete Norbert Böhlke sprach von einer «Unverschämtheit» und von übler Nachrede. Es sei verfassungsrechtlich geklärt, dass die Kirchen ein Tendenzbetrieb seien. Seine Fraktionskollegin Heidemarie Mundlos sagte, der Vorstoß der Linken zeige deren kirchenfeindliche Grundhaltung. Die Kirchen nähmen ihre Sonderstellung verantwortungsvoll wahr.

Die Grünen-Sozialexpertin Ursula Helmhold empfahl Humke, «verbal abzurüsten». Mit dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen und dem Streikrecht stießen zwei Verfassungsrechte aneinander. «Das hat man sorgfältig abzuwägen.»

Der SPD-Politiker Uwe Schwarz warf den Linken vor, sie eröffneten einen Nebenkriegsschauplatz und lenkten von den eigentlichen Problemen ab. Die «katastrophalen Rahmenbedingungen» in den sozialen Berufen setzten nicht die Kirchen, sondern die Bundes- und Landesregierung.

Strittig blieb in der Debatte auch, ob Niedersachsen eine berufsständische Pflegekammer für die landesweit rund 130.000 Pflegekräfte brauche. Eine Kammer könne Mitspracherechte sichern, sagte Ursula Helmhold für die Grünen. Sie und der SPD-Sozialexperte Uwe Schwarz warfen der schwarz-gelben Landesregierung vor, die Einrichtung einer Kammer gezielt hinauszuzögern. Sozialministerin Aygül Özkan wandte ein, das Verfahren brauche Zeit. Sie habe eine Anhörung dazu einberufen und ein Gutachten in Auftrag gegeben.

Die Diakonie in Niedersachsen unterstützte unterdessen einen Vorstoß von SPD und Grünen für bessere Arbeitsbedingungen in sozialen Berufen. Der Wettbewerb in der Sozialbranche werde mittlerweile über die Personalkosten ausgetragen, sagte der hannoversche Diakonie-Direktor Christoph Künkel. «Es darf nicht sein, dass die Arbeitnehmer die Leidtragenden sind.»

Ein Mindestlohn und allgemeinverbindliche Tarifregelungen seien sinnvolle Möglichkeiten für einen fairen Wettbewerb. Dabei müssten die Besonderheiten des kirchlichen Arbeitsrechtes berücksichtigt werden. In der niedersächsischen Diakonie sind insgesamt rund 50.000 Menschen in verschiedenen sozialen Berufen beschäftigt.

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