Mo, 24.10.2011Wissenschaftler: Islam keine Ursache von Jugendgewalt

Münster/Hannover (epd). Junge gläubige Muslime sind nach Auffassung des Hamburger Rechtswissenschaftlers Peter Wetzels weniger gefährdet, gewalttätig zu werden als Gleichaltrige ohne religiöse Bindung.
Jugendliche mit einem traditionellen Geschlechterrollenverständnis seien allerdings mehr gefährdet, in Gewalt abzurutschen als andere Gleichaltrige, erklärte Wetzels am Sonnabend in Münster. Er widersprach damit der vom hannoverschen Kriminologen Christian Pfeiffer verbreiteten These, dass junge religiösmotivierte Muslime zur Gewalt neigten.

   Daneben gebe es noch andere Risikofaktoren wie schlechte Sprachkenntnisse und soziale Unterprivilegierung, sagte Wetzels, der an der Universität Hamburg das Institut für Kriminalwissenschaften leitet. Die Bindung an islamische Gemeinschaften verhindere im Gegenteil ein Abgleiten, weil sie eine soziale Kontrolle ausübe. Der Jurist verwies auf eine Studie zur Gewalt und Delinquenz junger Menschen in Bremen.

   Der islamische Religionswissenschaftler Bülent Ucar rief gebürtige Deutsche und Zuwanderer zur Bildung einer Schicksalsgemeinschaft für ein friedliches Zusammenleben auf. Viele Deutsche sähen in den vier Millionen Muslimen in Deutschland eine «fünfte Kolonne», eine subversive Geheimgesellschaft, erklärte Ucar, der an Universität Osnabrück Islamische Religionspädagogik lehrt. Den Medien warf er vor, viele Klischees zu transportieren anstatt diese kritisch zu hinterfragen.

   Das Sarrazin-Buch, das eigentlich gegen den Integrationsprozess gerichtet sei, bewertete der Religionswissenschaftler letztlich positiv, weil bei der öffentlichen Diskussion Ressentiments offen ausgesprochen würden. «Sie müssen auf den Tisch», forderte Ucar, sie dürften nicht ständig unter den Teppich gekehrt werden. Die Tagung in der katholischen Akademie Franz-Hitze-Haus stand unter dem Thema «10 Jahres danach. Die Anschläge vom 11. September 2001».


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